Sonntag, Mai 25, 2008

Testament - The Formation Of Damnation

TESTAMENT (v.l.n.r.):
Paul Bostaph, Alex Skolnick, Chuck Billy, Greg Christian, Eric Peterson

Was ist diese zusätzliche DVD nur für eine unglaubliche, verdammte Scheiße? Ich meine, fast zehn Jahre mussten TESTAMENT-Fans in aller Welt auf dieses Album warten, und dann ist alles, was sich auf dieser DVD befindet, 15 Minuten verfilmte, langweilige Grütze? Ok, die üblichen Verdächtigen wie eine Fotogalerie und so eine Art Karaoke hatte ich erwartet. Aber das, was als "The Making Of 'The Formation Of Damnation'" bezeichnet wird, schlägt doch wohl dem Fass den Boden aus. Nochmal, zehn lange Jahre musste man auf dieses Album warten und was kriegt der geneigte Hörer, respektive Seher, dargeboten? Gefühlte 7,5 Minuten sieht man nur das einsame Drumkit im Studio, wie es einmal per Restlichtverstärker aus allen Winkeln und Perspektiven gefilmt wird und einmal ohne eben genannten Verstärker. Der Rest besteht daraus, wie Chuck ein oder zwei Songs einsingt, Alex ein Solo spielt und Eric ein Riff einspielt. Das war es. Keine Interviews mit den einzelnen Mitgliedern über zum Beispiel das, was in der Zeit zwischen "The Gathering" und dem aktuellen Album passiert ist. Kein Live-Mitschnitt von einer Hand voll Songs. Keine Backstage-Aufnahmen diverser Festival- oder Headliner-Shows. Auch keine 15-minütige Dokumentation über die Band an sich, oder das vorliegende Album. Nein. Nur 15 Minuten Scheiße, die hier im DVD-Player rotiert.

So, das tat gut. Im Gegensatz zum Übelkeit erregenden Bonus haben TESTAMENT mit ihrem neuen Album alles richtig gemacht. No fillers, just killers. Klassischer und doch zugleich moderner waren/sind TESTAMENT nie gewesen. Hier ist für Fans von so gut wie jeder Schaffensphase etwas dabei. Wer auf den rohen, fiesen Death Metal-Sound der "Demonic" steht, wird an dem Titelsong, "The Persecuted Won't Forget" und der letzten Hälfte des Rausschmeißers "Leave Me Forever" seine Freude haben. Liebhaber von Alben wie "Souls Of Black", "Practice What You Preach" und womöglich sogar vom unterschätzten "The Ritual" werden bei den Songs "More Than Meets The Eye", "Dangers Of The Faithless" oder auch "Afterlife" sabbernd ihre Lauscher gen Lautsprecher richten.

Das klingt zwar nach "Wir gehen lieber auf Nummer sicher.", und das mag zum Teil sogar zutreffen. Jedoch biedert sich die Bay Area-Legende zu keinem Zeitpunkt dem in der jungen Metal-Gemeinde zum Volkssport verkommenen gegenseitigen kopieren an. TESTAMENT klingen auf diesem Album klassischer wie selten und doch Millionen Mal vitaler als ein Gros der anderen alten Haudegen. Damit gehören sie der kleinen Gruppe an, in der auch EXODUS und DEATH ANGEL flanieren: "Oldies but Goldies". 

Allerdings muss ich gestehen, dass ich Anfangs meine Schwierigkeiten hatte mit dem gesamten Album warm zu werden. Nachdem die ersten drei Brecher (exklusive Instrumental) über mich hinwegfegten, störte das runtergeschraubte Tempo von "Dangers Of  The Faithless" beträchtlich den Fluss. Auch die darauf folgenden Stücke wirkten für mich eher wie hochwertige Füller, zu gleich und uninspiriert klang es doch. Jedoch kann ich hier einen kleinen Trick verraten, den man nach den ersten Durchgängen vielleicht mal ausprobieren sollte. 

Statt mit dem Album von Anfang an zu beginnen, fängt man sofort bei "Dangers Of The Faithless" an. Das hat zur Folge, dass es nicht unvermittelt langsamer wirkt, was wiederum dazu führt, dass der wahrscheinlich schnellste TESTAMENT-Song "The Persecuted Won't Forget" besonders zu Geltung kommt. Desweiteren birgt diese obskure Hörgewohnheit den Vorteil, dass man den anderen Songs mehr Aufmerksamkeit widmen kann, da es nun theoretisch nur noch sieben und nicht elf Songs sind. Wahnsinn, oder?

Musikalisch dürfte nun klar sein, was auf einen zu kommt. Doch über was singt der gute Chuck überhaupt? Er tut es seinem an einem Gehirntumor verstorbenen Namensvetter Chuck Schuldiner gleich: Alltagsbeobachtungen erfrischend dynamisch und abwechslungsreich geschildert. Teilweise sind die Inhalte offensichtlich, wie zum Beispiel in "The Evil Has Landed" (11. September 2001), "Henchmen Ride" (eine Huldigung an eine Gruppierung von Bikern) oder auch "Afterlife", welches thematisiert, etwas aus seinem Leben zu machen und man möglicherweise diverse Menschen im Jenseits wieder trifft. Teilweise sind sie jedoch relativ kryptisch und bedürfen erhöhter Aufmerksamkeit, wenn man wissen möchte, wo der Frosch die Locken hat.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Kaufen! Da Metal mit Substanz und Eiern heutzutage Mangelware geworden ist, ist es um so erfreulicher, dass die alten Knacker von TESTAMENT, EXODUS und DEATH ANGEL selbst nach so langer Zeit im Geschäft immer noch konstant gute Alben rausbringen. Wer seinen vom monotonen Rumgegrunze und nervigen Breakdowns gequälten Ohren eine Wohltat gönnen möchte, der sollte - neben diesem Album -  auch noch in die aktuellen Scheiben von EXODUS ("The Atrocity Exhibition: Exhibit A), DEATH ANGEL ("Killing Season"), OPETH ("Watershed") und / oder DIABLO ("Icaros") reinhören.

Sonntag, Mai 18, 2008

Diablo - Icaros

DIABLO (v.l.n.r.):
Aadolf Virtanen, Rainer Nigård, Heikki Malmberg, Marko Utriainen

13 Jahre sind seit der ersten Veröffentlichung aus dem Hause DIABLO vergangen, damals noch unter dem Namen DIABLO BROTHERS. In dieser Zeitspanne wurden drei Demos, genauso viele Singles und sechs Alben veröffentlicht. Die letzten beiden Alben - "Eternium" und "Mimic47" - sind technisch wie auch musikalisch in der ersten Liga im Metal-Bereich anzusiedeln. Sie haben sogar im Olympiastadion von Helsinki (Kapazität: 40.000 Personen) für METALLICA eröffnet. Trotz dieser Fakten schafften es DIABLO bei ihrem letzten Auftritt in Deutschland (um genau zu sein in Berlin) gerade mal knapp über 200 Leute zu ziehen.

Ursache? An der Musik liegt es nicht, woran also? Womöglich daran, dass sie in Deutschland kein Label im Rücken haben. Aus diesem Grund liegt mir die am 15. Mai erschienene, aus Finnland importierte und unterschriebene Version des neuen Albums vor. Wann eine Veröffentlichung in Deutschland passiert, steht zu diesem Zeitpunkt in den Sternen.

Wer sich trotzdem zu dem elitären Kreis zählt, von DIABLO schon mal was gehört zu haben, oder sogar die letzten beiden Alben sein oder ihr Eigen nennt, wird überrascht sein vom leicht veränderten Klang von "Icaros". Zwar klingen die Finnen immer noch unverkennbar nach DIABLO, jedoch haben sie die Zeichen der Zeit erkannt und sich teilweise angebiedert. Schwer zu beschreiben, doch teilweise klingen sie wie Finnen, die einen amerikanischen Sound fahren wollen. IN FLAMES, anyone? Wer nicht weiß was ich meine, soll sich bitte "Resign From Life" anhören und sich den Gesang von Anders Friden von "Come Clarity" dazu denken, der Rest erklärt sich von selbst. 

Doch nicht nur von den mittlerweile zum Mainstream-Act verkommenen Nachbarn lassen sich DIABLO inspirieren, auch scheinen sie in letzter Zeit viel AMORPHIS gehört zu haben. Speziell "Tales From The Thousand Lakes", da in gewissen Momenten die Keyboard-Untermalung, wie zum Beispiel bei "Chagrin", arg ins Kitschige abzudriften droht. Dies fällt allerdings nur bei diesem Song negativ ins Gewicht, der Rest des Albums wirkt durch diese zusätzliche Instrumentalisierung erfrischend anders, man möchte sogar sagen dynamischer. Leicht zu veranschaulichen dadurch, dass man sich die Dampfwalze von einem Album "Mimic47" mit einem "luftigeren" Sound vorstellt. Schon sollte der Leser eine ungefähre Ahnung haben, was der Schreiber dieser Zeilen einem suggerieren möchte.

All dieser Neuerungen im Klangbild zum Trotz kann ich eine generelle Entwarnung für Fans geben, es ist immer noch ein Album, wie man es von DIABLO seit "Eternium" erwartet. Der typische Gitarrensound, das versierte, vertrackte Schlagzeugspiel, die manchmal asynchronen Riffs, die melodischen, teilweise pfeilschnellen Leads, sowie die typisch finnische Melancholie bilden erneut das musikalische Fundament einer der besten Bands aus dem ganz hohen Norden. 

Die Texte sind erneut (typisch Finnen eben) melancholisch, einige weisen sogar einen negativen, gar selbstzerstörerischen Charakter auf. So zum Beispiel "Through Difficulties To Defeat", welches die Situation beschreibt, sich die Langeweile in der Einöde mittels starken Alkoholkonsums zu vertreiben. Oder "Hammer", in der eine durchzechte Nacht in einem Kater mündet, der wiederum den Protagonisten in die Schizophrenie zu treiben scheint. Oder auch dem abschließenden "Into The Sea", dass den Protagonisten beschreibt, wie er die ruhige See beobachtet, dabei allen den Mist, den man im Leben gebaut hat Revue passieren lässt und die einzige Möglichkeit, sich dieser Last zu befreien darin sieht, sich in eben jenem See zu ertränken.

Mir ist auch aufgefallen, dass bei diesem Album ein völlig anderes Songwriting statt gefunden hat. Zuvor war es immer so, dass zuerst der Hauptriff gespielt wurde, darauf folgte eine eher ruhigere, klare Gitarrenlinie mit ebenso klarem Gesang, bis es dann wieder heftiger wurde. Das haben sie bis zur Bridge wiederholt und dort dann einen kleinen Break eingebaut, um mit dem Refrain zu beenden. Das wurde diesmal komplett über den Haufen geworfen. Auf "Icaros" ist das mit Abstand beste und abwechslungsreichste Songwriting zu hören, denn man scheut sich auch nicht, einen Breakdown rein zu basteln, welcher wunderbar im Kontext aufgeht.

Wie eingangs erwähnt steht noch kein Termin für eine Veröffentlichung in Deutschland fest, deshalb können besonders Ungeduldige (wie ich) "Icaros" direkt beim Label bestellen. Außerdem versucht eine Hand voll deutscher DIABLO-Fans momentan einen virtuelles Sammelbecken für uns Verstrahlte aufzubauen, ein Besuch auf www.mimic47.de wird also mehr als begrüßt. Da der Betreiber der Seite mit der Band in Kontakt steht, kann man also in Zukunft das ein oder andere exklusive Schmankerl erwarten.