Montag, August 13, 2007

Trivium - The Crusade

TRIVIUM (v.l.n.r.):
Travis Smith, Matthew Kiichi Heafy, Paolo Gregoletto, Corey Beaulieu

"Es war fantastisch. Ich meine, er ist einer meiner Lieblingsgitarristen aller Zeiten und Metallica ist die Band, wegen der ich angefangen habe, Metal zu hören, Songs zu schreiben und die mich inspiriert hat, für diese Band hier herum zu experimentieren und das alles. Kirk und seine Band haben einfach möglich gemacht, was wir heute tun."

Heafy zur Frage, wie es war, Kirk Hammett zu treffen. (Quelle)


Auf "The Crusade", dem dritten Album von TRIVIUM (2006 erschienen) ist der Einfluss dieser Band beim ersten Hörgang scheinbar größer denn je. Müssen sich der gebürtige Japaner Heafy und seine drei Mannen aus Florida nicht nur Vorwürfe über Ideenklau bei METALLICA gefallen, sondern z.B. auch "Death to false metal!"-Chöre als Vorband bei IRON MAIDEN über sich ergehen lassen. An besagten Abend, dem 22. Dezember in London, wurden sie sogar mit Urin gefüllten Ballons beworfen. "Die Geschmäcker sind verschieden" hin oder her, doch das geht definitiv zu weit. Und das etwa nur, weil sie sich deutlich von ihrem modernen, mitunter Metalcore-Sound auf "Ascendancy" entfernt haben und jetzt wesentlich klassischer klingen? Gerade dieses Publikum hätte das, meiner Meinung nach, zu begrüßen gewusst.

Inwiefern klingen Trivium denn jetzt klassischer, haben sie etwa eine stilistische 180°-Drehung gemacht? Eher 90°, schließlich spielen sie immer noch Metal und nicht Polka. Dieser Wende fielen, außer in "Becoming The Dragon", zum einen der Breakdown zum Opfer. Zum anderen der nervige Brüllgesang. Stattdessen klingt Heafy oft wie der junge James Hetfield höchstpersönlich, was aber wohl eher in der Natur der Sache liegt und nicht an Ideenlosigkeit. Diese "Hetfield Momente" konnte man auch schon auf "Ascendancy" wahrnehmen, unverständlich also, warum das Geschrei bei diesem Album so groß ist. "Was ist daran so schlimm, wenn ich mich wie Hetfield anhöre?" fragte einst der Trivium-Frontmann einen Reporter. Das frage ich mich auch, schließlich sind beide großartige Sänger und es kann nur von Vorteil sein, wenn man in einem Satz mit METALLICA gennant wird, oder etwa nicht?

Doch genug dieses leidigen Themas, ich will schließlich was über die Platte schreiben, nicht über irgendwelche Identitätskrisen. Fangen wir doch beim Cover an, welches klassisch daher kommt. Laut Aussagen der Band soll das "Wesen" mit dem Schwert die selbe Person sein, die auch schon das Cover von "Ascendancy" schmückte. Aha, wenn die hässliche Raupe zum wunderschönen Schmetterling wird, und so. Diesen biologischen Vorgang kann man mit dem Können von TRIVIUM vergleichen. Waren sie bereits auf dem Vorgänger spielerisch in der Oberliga, sind sie heute auf direktem Weg zum Olymp. "Ignition" begrüßt den Hörer mit der thrashigen Härte eines Stahlbetonträgers, um in "Detonation" noch etwas weiter mit diesem auszuholen und einen mit einem schmachtend rockigen Ende auf den Boden zu schicken. Hier unten angekommen, zwingt "Entrance Of The Conflegration" einen, mit dem Fuss im Nacken, noch mehr Dreck zu fressen. Ein unglaublich fett drückender Groove presst die Thrash-Stacheln der Schuhsohle weiter in den Nacken.

Nach dieser Vollbedienung Schwermetall macht sich bei mir leichte Enttäuschung breit. "Anthem (We Are The Fire)" gehört vielleicht auf Star.FM gespielt oder zurück mit einer Rakete in die Hairspray Metal-Ära geschossen, aber nicht auf dieses Album. Technisch zwar top, die Soli brauchen sich auch nicht zu verstecken, aber ab den "Woho, woho"-Rufen wird es unangenehm. Live macht dieser Song sicherlich Spaß, keine Zweifel, jedoch klingt er in diesem Kontext gewöhnungsbedürftig. "Unrepentant" hingegen kann nicht nur durch Matt Heafy's wohlklingenden klaren Gesang im Refrain punkten, sondern auch durch das interessante Thema. Ein Familienvater mit vier Töchtern, der seine Familie mit Messer und Machete im Schlaf auslöscht, weil die Älteste Ehebruch begangen hat und er verhindern will, dass die Jüngeren es ihr gleich tun. Schwere Kost, genauso schwer wie die Riffs, die uns hier im mittleren Geschwindigkeitsbereich um die Ohren sausen.

Noch düsterer geht es in "Sadness Will Sear" her, ich zitiere hier der Einfachheit halber Herrn Heafy: "[...] Der Song erzählt die Geschichte von Matthew Sheppard. Er war es leid beleidigt zu werden, wurde aber wegen seiner sexuellen Orientierung halb zu Tode geprügelt. Diese Geschichte passierte vor einigen Jahren in den USA. [...]". Ein Höhepunkt auf dem Album, welcher neben der Gesangsleistung Heafy's sich auch mit dem Zungenbrecher "It's 12:53 AM October 12th when the scarecrow died" hervorhebt.

In "Becoming The Dragon" knüpfen TRIVIUM an alte Glanztaten an, was im Klartext bedeutet: Teilweise Brüllgesang und ein heftiger Breakdown. Das ausgelutschte Schema nervt einen vielleicht, aber im Zusammenhang mit den vorangegangenen Songs wirkt das richtig erfrischend und "modern". Im Song geht es übrigens um Nishikigoi, welcher sich am Ende in einen Drachen verwandelt. Die Jungs haben doch Humor. Ein Beweis dessen ist auch der Text von "To The Rats". Hier geht es nämlich heiß her:
"But someday we all find you | Come to where you work | And fucking tie you", "A skull fuck | For every word | Just try to breathe | don't fuck with this", "Break every bone in your Face | If you mess with my life", und so weiter und so fort.
Verfilmt würde das einen unterhaltsamen Abend in einem Kino für B-Movies versprechen. Oh, ich schweife ab. Die Textzeilen werden einem verdammt schnell bei einem verdammt thrashigen Songgerüst entgegen geflucht, wobei der Höhepunkt hierbei die Penetration der Double Bass am Ende darstellen dürfte. Mit tut schon der Nacken weh, wenn ich daran denke.

Der Kopf, nein, die Ohren tun mir weh, wenn "This World Can't Tear Us Apart" aus den Lautsprechern plätschert. "Dying In Your Arms", vom Vorgänger, fängt zwar schmalzig an, entwickelt sich aber zu einer flotten Ballade, in der der Anteil an fetten Riffs aber nicht zu kurz kommt und mit einem ausgezeichnetem Solo abschließt. Anscheinend hat er den vier Jungs so gut gefallen, dass sie die Melodie 1:1 kopieren und einen noch schlimmer vor Schmalz triefenden Text verwenden. Tut mir Leid, "All the pain in this world won't stop us now | For we have each other | All the hate in this world can't tear us apart | This love is forever", erwarte ich von Britney Spears oder Celine Dion, aber doch nicht von der Band, die "Pull Harder On The Strings Of Your Martyr" schrieb!

Nach dieser herben Enttäuschung ist die Erwartungshaltung an den nächsten Song immens. Kann er ihnen gerecht werden? Er kann. "Tread The Floods" ist ein klassischer Metalsong wie er im Buche steht und auf den Refrain sollte das Hauptaug... öhm, Hauptohrenmerk gerichtet werden, denn der hat einen Flow, den habe ich von den Jungs noch nicht gehört. Weitaus schwer fälliger hingegen ist "Contempt Breeds Contamination". So richtig will er nicht zünden, da fehlt der Höhepunkt. Sehr schade, denn hier wird ein aus den USA bekanntes Thema behandelt: Polizisten, die Selbstjustiz bei Farbigen walten lassen. In diesem Song erschießen sie den Unschuldigen aufgrund ihrer verqueren Einstellung und tun es als Notwehr ab. Inhaltlich großes Kino, musikalisch leider Mittelmaß. Mit "The Rising" haben wir neben "Anthem (We Are The Fire)" den nächsten Song, welcher wohl ausschließlich für die Aufführung auf der Bühne geschrieben wurde. Dieser hier kommt allerdings weniger "käsig" daher.

Der instrumentale Titelsong schließt dieses durchwachsene Album ab. TRIVIUM lassen die Muskeln spielen und zeigen, dass es durchaus möglich ist, einen langen Song (übrigens der längste auf dem Album) auch ohne Gebrüll und Gesang über die Bühne zu bringen. Dabei werden unter anderem entspannte Bassläufe und hypnotisches Riffing als Stilmittel verwendet. Damit haben sie sich gut gerettet, denn "Anthem (We Are The Fire)" nervt mit Achtziger Jahre Hairspray-Charme, "This World Can't Tear Us Apart" mit furchtbarem Titel und Melodieklau vom Feinsten bei sich selbst und "Contempt Breeds Contamination" punktet zwar mit interessantem Inhalt, aber kommt nicht zur Sache.

Empfehlenswert ist dieses Album vor allem für Einsteiger, welche sich erst seit kurzem mit dem Genre Metal auseinandersetzen. Aufgrund der musikalischen Bandbreite des Albums bietet es einen guten Eindruck. Allen anderen dürfte diese CD so manche Autofahrt versüßen, beziehungsweise Party in Schwung bringen, oder auch auf dem MP3-Player unterwegs für Kurzweil sorgen.

http://www.trivium.org ::: http://www.myspace.com/trivium

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