Samstag, September 20, 2008

Trivium - Shogun

TRIVIUM (v.l.n.r.):
Travis Smith, Corey Bealieu, Matthew Kiichi Heafy, Paolo Gregoletto

Als sie 2006 mit "The Crusade" ihren großen musikalischen Sinneswandel hatten und sehr klassisch angehauchten Metal mit deutlich hörbaren Einflüssen von METALLICA, MEGADETH, TESTAMENT und weiteren Thrash Metal-Bands der Achtziger Jahre veröffentlichten, war der Aufschrei der Anhänger groß. Kein Brüllgesang mehr, nur ein einziger Breakdown, zu kitschige Soli, zu altbackene Riffs. Was ich zum damaligen Zeitpunkt begrüßte, da ihr 2005 veröffentlichtes zweites Album "Ascendancy" durch tolle Hooklines und eigenständiges Songwriting ihr bis dato bestes Album war, aber durch den Brüllgesang ein falsches Licht auf die Kompositionen warf. Viele buhten "Metalcore!" nur aufgrund dessen. Dieser weichte auf "The Crusade" dem Hetfield'schen Singstil Heafy's, allerdings wirkte das Album im Großen und Ganzen zu erzwungen und machte nicht immer Spaß, dank Nullnummern wie "Anthem (We Are The Fire)", "This World Can't Tear Us Apart" "Contempt Breeds Contamination". oder auch "The Rising". Doch mit "Shogun" scheinen die Experimente vorbei zu sein.

Corey und Matt haben nämlich die tiefe E-Saite ihrer Gitarren wieder entdeckt, wodurch die Songs nicht nur viel moderner klingen als auf dem Vorgänger, sondern auch wesentlich aggressiver. Der Hetfield'sche Singstil ist wieder mit von der Partie, genauso wie der Brüllgesang der Anfangstage und Matt's hervorragende klare Singstimme. Generell wird wieder im Hause TRIVIUM (im Kontext der Band) ganz im Stil der alten Schule gerockt. Lange, seltsame Songtitel, die typischen Doppel-Leads (ok, eigentlich von IRON MAIDEN...) und Ohrwurm-Refrains, als hätte es "The Crusade" nie gegeben.

Leider hat die vorliegende Promo-CD nicht viel mehr zu bieten als einen häßlichen, weißen Pappschuber und einen Standard Pressetext. Und somit auch keine Songtexte, was schade ist, da mich schon interessiert, inwiefern Matt die Wurzeln seiner japanischen Herkunft in die Texte eingearbeitet hat, da man an Albumtitel, Songtiteln und dem Artwork der Singles deutlich erkennen kann, das es um eben jenes geht. Japan. Oder doch nicht? Ich weiß es nicht, und werde es leider erst erfahren, wenn ich die CD mit Booklet in den Händen halten werde.

Weniger ominös als die Texte ist die Musik, die klar auf den Punkt kommt. Keine kitschigen Hair Metal-Riffs mehr, sondern die typischen Powerchords und Attacken auf der tiefen E-Saite. Keine furchtbar melodiösen Soli mehr, sondern technische, lange Eskapaden mit Sweep Picking, Pinch Harmonics, Flagolett-Tönen, et cetera. Kein gezwunges Riff-Recycling der Vorbilder mehr, sondern Musik, die von Herzen kommt. TRIVIUM führen mit "SHOGUN" alte Glanztaten fort. Als zum Beispiel der "Pull Harder On The Strings Of Your Martyr"-Riff schon beim Zuhören Nackenschmerzen bei mir verursachte, muss ich nun unweigerlich die Luftgitarre auspacken, wenn der erste Riff von "Torn Between Scylla and Charybdis" zu hören ist. Im Studio haben sie dafür zwei Leute gebraucht, um es einzuspielen. (Ab 1:15). Dementsprechend wahnsinnig klingt das auch.

Neben der rein spielerischen Erhabenheit von TRIVIUM beeindrucken auch wieder das Feingefühl fürs Songwriting, beziehungsweise die Refrains. Da die Songs an sich verdammt heavy und ruppig sind, hebt sich der immer ein wenig melodiösere Refrain entsprechend deutlich hervor. "Kirisute Gomen", "Down From The Sky", "Into The Mouth Of Hell We March", "Throes Of Perdition", "Of Prometheus And The Crucifix" und auch "Like Callisto To A Star In Heaven" sind daher die größten Ohrwürmer von "Shogun". Ihren bis dato heftigsten Song servieren TRIVIUM dem Hörer mit "He Who Spawned The Furies", welcher durch fast ausschließliche Verwendung des Brüllgesangs eine ungeahnte Heftigkeit erfährt. Kompositorisch am beeindruckensten ist der Titelsong, welcher mit knapp zwölf Minuten nicht nur der längste, sondern auch vielschichtigste in der Bandgeschichte ist. Hier wechseln sich brutale Passagen mit sehr ruhigen ab, in denen Matt erneut seine klare Singstimme zum besten gibt. Ebenso ein sehr relaxtes, bluesiges Solo kommt vor wie ein bombastischer Schlußteil. Von der Struktur des Songs her könnte man meinen, dass die Jungs in letzter Zeit öfter OPETH gehört haben.

Mit "Ascendancy" haben sie ihren persönlichen Meilenstein geschaffen, mit "The Crusade" einen radikalen Kurswechsel gemacht und gezeigt, dass sie auch anders können. Und mit "Shogun" ihren eigenen Stil und zu alter Stärke zurück gefunden, sowie die beiden Vorgänger bei weitem übertroffen. Sie sind an einem Punkt angelangt, an dem für sie alles offen steht. Ob sie diesen Weg nun weiterführen oder wieder Leute vor den Kopf stoßen, wird das nächste Album zeigen.

www.trivium.org ::: www.myspace.com/trivium

Sonntag, September 07, 2008

Opeth - Watershed

OPETH (v.l.n.r.):
Fredrik Åkesson, Martin Axenrot, Mikael Åkerfeldt, Per Wiberg, Martin Mendez

Mit "Watershed" beantworten OPETH viele Fragen. Fragen, die seit der Veröffentlichung von "Ghost Reveries" im Jahr 2005 vielen Fans - inklusive mir - Kopfzerbrechen bereiteten. Zum Beispiel, ob OPETH den zu einem Großteil ruhigen und Jamsession-artigen Charakter von "Ghost Reveries" auf dem nächsten Album fortführen und die Death Metal-Anteile sowie Mikael's unverkennbares Knurren immer weiter in den Hintergrund treten würden. Und, ob dies der Tatsache geschuldet war, dass es das erste über Roadrunner Records veröffentlichte Album war, welches unter anderem auch Bands wie NICKELBACK, ATREYU und MADINA LAKE unter Vertrag hat. Was allerdings schnell widerlegt wurde, da "Ghost Reveries" bereits fertig geschrieben war, als OPETH von Roadrunner Records unter Vertrag genommen wurden. Darauf musste die Anhängerschaft einen weiteren (vermeintlichen) Schlag hinnehmen: Gitarrist Peter Lindgren und Schlagzeuger Martin Lopez verließen kurz hintereinander die Band, beide viele Jahre dabei und prägend für den Sound von OPETH. Ersetzt wurden sie durch Martin Axenrot (unter anderem BLOODBATH, WITCHERY, SATANIC SLAUGHTER) am Schlagzeug und Fredrik Åkesson (unter anderem ARCH ENEMY, KRUX, TALISMAN) an der Gitarre. Beide von den Fans "gefürchtet" aufgrund ihres sehr technischen und aggressiven Spiels, welches einen krassen Gegensatz zu der sanften, melodischen Art Lindgren's und der jazzigen, verspielten Art Lopez' bildet. Das OPETH ihren Sound von Album zu Album stets weiterentwickeln, aber dennoch jederzeit nach sich selbst klingen, ist den Fans zwar hinlänglich bekannt gewesen, jedoch befürchteten sie dieses Mal anscheinend ein heftiges, steriles Death Metal-Inferno, welches seines gleichen suchen sollte.

Pustekuchen. Schließlich ist die treibende Kraft (Sänger, Gitarrist und Songschreiber) Mikael Åkerfeldt immer noch an Bord. Und mit ihm steht oder fällt OPETH. Deshalb verwundert es auch nicht, dass "Watershed" eben kein heftiges, steriles Death Metal-Inferno geworden ist, welches seines gleichen sucht. Es könnte mit der Zeit sogar das ambitionierteste, abwechslungsreichste und unterhaltsamste Album seit "Blackwater Park" sein. Selten wie zuvor haben OPETH experimentiert und ihren Sound klarer definiert wie mit "Watershed". Es ist vieles beim alten geblieben, wie zum Beispiel der stete Wechsel zwischen ruhigen Akustikpassagen und diabolischen Death Metal-Riffs mit Mikael's Markenzeichen-Knurren. Oder auch, dass jeder Song eine durchschnittliche Spieldauer von circa sieben Minuten hat. Doch es hat sich auch viel verändert. Etwa, dass das Laut-Leise-Schema auf "Watershed" derart extrem ausgereizt wird, wie selten zuvor. Man möge sich "Porcelain Heart" zu Gemüte führen, welches ich aufgrund dieser Extreme beim ersten Hören als geradezu plump und primitiv empfand, sich im weiteren Verlauf jedoch zu einem richtigen Ohrwurm gemausert hat.

Nicht nur eine Veränderung, sondern sogar eine Neuerung ist, dass einem OPETH-Album keine Songtexte beiliegen. Was kurz vor Veröffentlichung von Mikael in einem Interview noch als Witz aufgefasst wurde, entpuppte sich dann als ärgerliche Wahrheit, als man das Booklet darauf in den Händen hielt. Der Grund? Zu emotional und schmerzhaft seien die Zeilen, die Mikael für "Watershed" schrieb, als dass sie Dritte zu lesen bekommen sollten. Ganz ohne geht es jedoch auch nicht, und so wurden in der normalen sowie in der Spezial-Variante jeweils ein Teil der Texte abgedruckt. Allerdings in codierter Form. Wer sich jedoch etwas bemüht, wird sicherlich keine Probleme haben, den Code zu knacken. Mein CD-Regal schmückt die Spezial-Variante mit DVD, welche in eine einem Briefumschlag nach empfundene Verpackung eingebettet ist. Auf der DVD finden sich die üblichen Verdächtigen wieder, nämlich "Making Of", drei Bonustracks ("Derelict Herds", "Bridge Of Sighs", "Den Ständiga Resan"), sowie das komplette Album in 5.1 abgemischt. "Derelict Herds" ist ein Song aus der Feder von Mikael und Per, kann allerdings bei weitem nicht mit dem mithalten, was regulär auf "Watershed" zu hören ist, da er doch ziemlich langweilt. Das Cover von Robin Trower, "Bridge Of Sighs" ist mein Favorit, "Den Ständiga Resan", ein Cover der ROXETTE-Sängerin Marie Fredriksson, klingt ähnlich wie "Harvest" von "Blackwater Park", allerdings komplett in schwedisch vorgetragen und ohne die Atmosphäre und Klasse von jenem Song zu erreichen.

"Coil", der erste Song, offenbart zu Anfang des Albums Veränderung Nummer Drei, Vier und Fünf, beziehungsweise Premiere Nummer Eins, Zwei und Drei. Es ist der kürzeste Song mit Gesang in der Bandgeschichte, erstmals wird ein Album mit einer Ballade eröffnet und zum ersten Mal gibt sich ein Gastsänger die Blöße. Beziehungsweise eine Gastsängerin, nämlich Nathalie Lorichs, Martin Axenrot's derzeitige Freundin. Ein ungewöhnlicher Start für diese Band, fast nie hat man die Schweden so kompakt und eingängig gehört. Ein starker Kontrast dazu ist der nahtlose Übergang zu "Hessian Peel", dem definitiv härtesten und brutalstem Song dieser Band bisher. Hier kommen auch zum ersten Mal die Einflüsse der Neuzugänge Åkesson und Axenrot zum tragen. Wer auch nur Ansatzweise etwas mit BLOODBATH (unter anderem mit Martin Axenrot und Mikael Åkerfeldt) anfangen kann, wird diesen Song sehr mögen.

Mit "The Lotus Eater" schallt eine weitere Veränderung aus den Boxen. Zum ersten Mal verwenden OPETH Blastbeats in einem ihrer Songs. Und das kuriose ist: Es klingt tierisch abgefahren, wie Mikael mit klarer Stimme zu diesem Blastbeat singt! Im weiteren Verlauf ist auch deutlich das eingangs erwähnte extreme Wechselspiel von laut und leise zu hören. Es fällt auch auf, dass die Keyboard- und Mellotron-Passagen von Per Wiberg dieses Mal nicht nur zur Hintergrunduntermalung dienen, sondern er ab und an auch ein Solo beisteuert. So geschehen zum Beispiel in "The Lotus Eater", welches von Teilen der Anhängerschaft als "Super Mario-Gedudel" abgetan wird.

Der nächste große Aufreger für die Alteingesessenen war die Halbballade "Burden". Von Mikael als sein persönlicher "White Snake-Song" angepriesen, punktet er durch eine hervorragende Gesangsleistung von Mikael, zwei herrlich "käsige" Metal-Balladen-Soli von Fredrik und Per und einem erhobenen Mittelfinger gegenüber Klangperfektionisten am Ende das Songs. Da werden nämlich einfach mal die Saiten während des spielens herunter gestimmt und mit einem herzlichen Lacher nahtlos zu der ersten Single-Auskopplung "Porcelain Heart" übergegangen. Um den Leser nicht weiter mit meinen müden Umschreibungen zu langweilen, schauen wir doch mal, was Herr Åkerfeldt zu dem Song zu sagen hat:

"This song was re-written about 3 times! Fredrik came up with the opening riff and it set the mood for the rest of the song, but some how we had to struggle a little to make it sound just 'right'. I really love this one and it feels like a unique part/song in our discography. Don't know if it's a 'single' per say but it's certainly not a shit track. Enjoy!"

Öhm... ja. Ergänzend dazu möchte ich sagen, dass diese Notiz dem Notenheft von "Porcelain Heart" zu entnehmen ist, welches einer der vielen verschiedenen Variationen von "Watershed" beilag. Außerdem, um etwas expliziter zu werden, versprüht dieser Song einen gewissen Gothic-Vibe und lotet erneut die extreme des Laut-Leise-Schemas aus, wahrscheinlich sogar als extremer als alle Songs auf diesem Album. "Hessian Peel" kann man deshalb als typischen OPETH-Song beschreiben, welcher auch auf "Blackwater Park" seine Daseinsberechtigung gehabt hätte und deswegen dem Otto-Normal-OPETH-Fan auf Anhieb gefallen dürfte. Langsam und stetig steigert dieser Song sich vom Akustik-Intro zu sanften Gitarrenklängen hinauf, bis es in einem wahren (also doch!) Death Metal-Inferno endet. Als Ausklang fungiert "Hex Omega", was am ehesten mit der Stimmung von "Atonment" vom Vorgänger zu vergleichen ist. Zwar wird es hier ab und zu etwas heftiger, im Großen und Ganzen jedoch bestimmt ein entspannter, verträumter Klangcharakter das Bild des letzten Songs.

Es fällt auf, dass ich mir nicht gerade große Mühe gegeben habe, die einzelnen Songs zu beschreiben. Nun, zum einen wollte ich mich kurz fassen und außerdem ist mein Vorrat an Adjektiven sehr beschränkt. Zum anderen lässt sich Musik, die von OPETH im speziellen, kaum in verständliche Worte fassen. Drum zitiere ich einfach einen französischen Dichter um diesen endlos scheinenden Text zu einem abruptem Ende zu führen:

"Die Musik drückt aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist."

Victor Hugo, 1802 - 1885

Dienstag, September 02, 2008

Underoath - Lost In The Sound Of Separation

UNDEROATH (v.l.n.r.):
Spencer Chamberlain, Chris Dudley, Tim McTague, Grant Brandell, Allon Gillespie, James Smith

Man hätte natürlich auch auf Nummer sicher gehen können. Wie zum Beispiel ATREYU, die mit ihrem aktuellen Album viele ihrer Fans vor den Kopf stießen, als sie plötzlich weichgespülten, radiotauglichen Poprock spielten, statt aggressivem was-auch-immer-core. Wie zum Beispiel FEAR FACTORY, die mit ihrem aktuellen Album viele ihrer Fans vor den Kopf stießen, als sie plötzlich untypischen, viel zu rockigen Metal spielten, statt der typisch steril sägenden Riffs. Wie zum Beispiel IN FLAMES, die mit ihrem aktuellen Album viele ihrer Fans vor den Kopf stießen, als sie plötzlich poppigen, belanglosen MTV-Metal spielten, statt des viel interessanteren, härteren Vorgängers "Come Clarity". Man ist aber nicht auf Nummer sicher gegangen.

"Define The Great Line" aus dem Jahre 2006 verkaufte sich bis zum heutigen Tage über eine halbe Million mal. Hätte sich also finanziell gelohnt, die alte Schiene weiter zu fahren: Progressiv verspielten Post Hardcore mit dem Brüllgesang Spencer's und der glockenklaren Singstimme von Aaron und langen, ruhigen, atmosphärischen Passagen. Einen kompletten Stilbruch haben UNDEROATH mit "Lost In The Sound Of Separation" nicht begangen, dennoch dürfte sich der geneigte Hörer wundern, was die penetranten Christen ihm/ihr für einen sperrigen, schnellen und agressiven Brocken vor den Latz knallen. Dass ich penetrante Christen schreibe, kommt nicht von ungefähr. Nix gegen derlei Thematik in den Songtexten, da sie immer noch Raum für Interpretationen lassen, allerdings sind diese größtenteils schon sehr plakativ. Wenn auf deren Konzerten Sätze fallen wie "We love playing music and everything, but we hope when you hear us, and see us, you don't see Underoath, but you see Jesus Christ." und auch "It's all about Jesus. He's the reason we do this." empfinde ich das schon als penetrant. Doch nun geht es um deren aktuelles Album, nicht um deren Ambitionen als Missionare bei ihren Auftritten.

Gleichsam mit "No Tears For The Creatures" von JOHNNY TRUANT offenbaren sich die Details und Nuancen der einzelnen Songs erst nach mehrmaligen Hördurchläufen. Anfangs fällt auf, dass die Platte rasend schnell nach vorne prischt und Aaron's klare Singstimme so gut wie nie zum Einsatz kommt. Mit der Zeit stellt man jedoch fest, dass, anders als auf "Define The Great Line", dieser nur verhältnismäßig kurz innerhalb der Songs zu hören sind, um nicht zu viel von der agressiven Dynamik zu nehmen. Verstärkt tritt nun auch das Element des choralen Gesangs zum Vorschein, wovon zum Beispiel "To Whom It May Concern" auf dem Vorgänger vollständig getragen wurde. Auch die plötzlichen Ausfälle des Noise Gates zwischen den Riffs sind wieder zu hören, sowie hier und da kleine Elektro-Spielereien.

Dass "The Created Void" von den Jungs als "melodische Atempause" beschrieben, trotz der Tatsache, dass hier nur leicht vom Gaspedal runtergegangen wird, ist etwas seltsam. Hier hat Aaron jedoch weitaus mehr am Mikro zu tun und macht im Kontext des Albums schon Sinn. Wahrscheinlich ist das auch einer der ersten Songs der hängen bleibt, aufgrund dessen, dass er so eine Art Ruhepol inmitten des Albums bildet. Ein zweites "Salmarnir" oder auch "Casting Such A Thin Shadow" sollte man jedoch nicht erwarten, dafür ist es zu heftig. Ruhigere Töne schlägt auch der Doppelrausschmeißer "Too Bright To See, Too Loud To Hear" und "Desolate Earth :: The End Is Here" an, jedoch ohne an die Intensität und Atmosphäre der ruhigeren Stellen des Vorgängers anknüpfen zu können. Insgesamt dennoch ein würdiger Nachfolger, nicht zuletzt aufgrund dessen, dass UNDEROATH sich nicht anbiedern oder auf dem bereits erreichten ausruhen, sondern weitaus sperriger als zuvor klingen.

www.underoath777.com ::: www.myspace.com/underoath

Samstag, August 30, 2008

Johnny Truant - No Tears For The Creatures

JOHNNY TRUANT (v.l.n.r.):
Oliver Mitchel, Paul Jackson, Stuart Hunter, Reuben Gotto, Alan Booth

Es war der zweite Februar 2006, als ich mein erstes BULLET FOR MY VALENTINE-Konzert besuchte. Das Kato war bis zum Rand mit Emos voll gestopft, kein Wunder, da sie zu dieser Zeit auf MTVIVA mit (glaube ich) "Tears Don't Fall" Hitlistenmäßig aber sowas von durch die Decke schossen. Die Mucke war gut, die Meute war gut, der Sound war ab dem zweiten Song so laut, dass ich nur noch Rauschen war nahm und die Decke schwitzte. Im selben Jahr noch sah ich sie dann auf dem WITH FULL FORCE, allerdings wollte dort trotz der zahlreichen Hits der Funke nicht überspringen. Darauf sah ich sie wieder 2007 bei T-Mobile Extreme Playgrounds, wo sie allerdings nur mit METALLICA's "Creeping Death" überzeugen konnten. Klanglich dieses Mal wesentlich angenehmer, allerdings war die Halle zu groß, die Meute zahlenmäßig zu klein und die Band wirkte irgendwie gelangweilt. 2008 wieder auf dem WITH FULL FORCE gesehen, deutlich dynamischer und hungriger und mit einer verdammt guten Lichtshow. Auch wenn sie mit ihren neuen Songs altes neu aufbereiteten, sind einige Stücke dank wir-feiern-den-80er-Jahre-Thrash-Metal-mit-dementsprechenden-Riffs-ab-Riffs gut abgegangen. Hat das überhaupt was mit JOHNNY TRUANT zu tun? In gewisser Weise nicht, nein.

Doch durch die vier Waliser bin ich erst auf die ebenfalls aus England stammenden JOHNNY TRUANT aufmerksam geworden. Diese sollten ursprünglich - neben AIDEN, die auf Platte schwul klingen, aber live unglaublich rocken - für die vier Sunnyboys von der Insel eröffnen. Unglücklicherweise ließ dann der stark geschminkte AIDEN-Hupfdohl verlauten, dass sie nicht auftreten können, weil der Sänger es mit den Nieren hat. Argh, das war bitter. Dennoch habe ich seit jenem schicksalhaftem Jahr kein Album öfter und regelmäßiger abgefeiert als "In The Library Of Horrific Events". Nur, und das meine ich absolut ernst, nur dieses Album höre ich seit mittlerweile zwei Jahren mindestens einmal im Monat komplett am Stück. Selten hat mich ein Album sowas von überhaupt gar nicht gelangweilt wie dieses. Waren BULLET FOR MY VALENTINE meine Einstiegsdroge in die Hartwurstmucke, also das Bier quasi, sind JOHNNY TRUANT das Kokain, LSD, Angel Dust, was auch immer gewesen!

Angefangen bei den mir bis heute fast völlig unverständlichem Gesang von Ollie, über die Haarsträubenden Breaks, den heftig brutal groovenden Riffs bis hinzu den kurzen, fremdartigen melodiösen Power Chords, bevor die Truppe alles in Schutt und Asche legt. Und dann der absolute Höhepunkt, das finale Doppel "I The Exploder" und "Footprints In The Thunder". Bei diesen beiden Stücken haben die Songs mehr Luft zum Atmen, sind weniger vetrackt und melodiöser. Mein Herz haben sie anfangs durch das Instrumental "Vultures" und im nachhinein durch den letzten Song gewinnen können. Das Leise-Laut-Schema jagt mir wieder und wieder einen Schauer über den Rücken. Wenn mit leichtem Feedback die Gitarren klingen, die Hi-Hats dreimal bedrohlich penetriert werden und dann eine dermaßen unglaubliche Mischung aus dem typischen Brüllgesang und klarer Singstimme losbricht, möchte ich jedes Mal vor Glück zerfließen.

Zwei Jahre nach dieser prägenden Scheibe folgt nun "No Tears For The Creatures", welches ich genauso sehnlich erwartete wie das neue Album von THRICE. Als sie einen ersten Song veröffentlichten, nämlich "Death Rides", war ich allerdings ernüchtert. Das Songwriting ist top, hat sogar einen extremen Schritt nach vorne gemacht. Doch was mich am meisten verstört hat war, dass Ollie anders brüllt. Es ist schwer zu beschreiben, brüllte er auf "In The Library Of Horrific Events" ohrenscheinlich eher direkt aus der Kehle, also hell und direkt, brüllt er hier eher guturaler, tiefer, dumpfer, mit mehr Bass. Das sollte mich noch wurmen, bis ich das Album letzten Endes in den Händen hielt. Nachdem ich mehrere Male das Album bei einem namhaften Elektronikmarkt nicht erstehen konnte, sah ich mich gezwungen, es online zu bestellen. Plus den Vorgänger. Ja, ich hatte es nicht als original, zwei Jahre lang. Verklagt mich doch!

Zu meinem Bedauern muss ich feststellen, dass "No Tears For The Creatures" ein weiteres Opfer des sogennanten "Loudness War" ist. Was bedeutet, dass die Platte zwar laut ist, ihr aber jegliche Dynamiken fehlen und sie dumpf und matschig klingt. Schade. Wer sich darüber selbst ein Urteil bilden und seine eigene Musik auf Herz und Nieren überprüfen möchte, dem sei der kostenlose Audioeditor "Audicity" ans Herz gelegt.

Dennoch werden auf "No Tears For The Creatures" keine Gefangenen gemacht, hier ist der Name Programm. Die ersten beiden Songs hämmern beide mit stumpfer Brutalität los, bis sie punktgenau ab der neun Sekundenmarke mit einem mördermäßigen Groove erweitert werden, bis die Hüften knacken. Dass sie keine Easy Listening-Mucke schreiben, ist weitesgehend bekannt, doch auf "No Tears For The Creatures" haben sie ihr ohnehin sperriges Songwriting noch verfeinert. Kein Pre-Chorus, kein Chorus, keine Refrains.

Aus diesem Grund nutzen sich JOHNNY TRUANT-Songs fast nicht ab. Anfangs unzugänglich, erschließen sich nach und nach Nuancen innerhalb der Songs, welche wiederum einen oder mehrere eingängige Momente haben, bevor wieder losgeholzt wird. Und das bei einer solch brillianten Homogenität, die bei derlei Musik ihres gleichen sucht. Auch die Texte stellen den interessierten Hörer auf die Probe. Nicht nur, dass sie größtenteils unverständlich sind (was hier absolut kein Minuspunkt ist), nein, kryptische wie banale Zeilen wechseln sich teilweise absurd plötzlich ab. Einzig und allein bei "Widower", welcher eine schönen Löffel Punk bekommen hat, bin ich mir sicher, dass es von sexuellem Missbrauch und Inzest handelt.

Erneut haben sie wieder ein intensives, episches Doppel am Schluss des Albums für den Hörer parat, welches durch seinen Post Hardcore-Charakter, sehr bildlichen Text und einer Spieldauer von insgesamt 13:48 Minuten so gar nicht in den Kontext des vorher gehörten zu passen scheint. Und irgendwie doch. Ich kann diese beiden vertonten Sahnehäubchen, dieses Duo Infernale einfach nicht in Worte fassen. Wer sich mit dem Stil von UNDEROATH's "Define The Great Line" anfreunden kann, wird wohl bei diesen beiden Titeln Pippi in den Augen und Elefantenpickel auf der Haut bekommen.

"Und Stiehf, kannste watt mit die neue CD von die Inselaffen anfangen? Digste ditt, oda watt?!" Darauf kann ich nur mit "Sischa datt." antworten, I totally dig it. Nicht nur, dass "No Tears For The Creatures" gleichauf mit "In The Library Of Horrific Events" ist. Es hat sogar Potenzial, es mit der Zeit meilenweit zu überholen. Vielleicht sogar ein modernder Klassiker, sollten sie jemals die Aufmerksamkeit mit diesem Album erregen, welche sie sich mehr als verdient haben. Wir sind es ihnen schuldig.

Sonntag, Mai 25, 2008

Testament - The Formation Of Damnation

TESTAMENT (v.l.n.r.):
Paul Bostaph, Alex Skolnick, Chuck Billy, Greg Christian, Eric Peterson

Was ist diese zusätzliche DVD nur für eine unglaubliche, verdammte Scheiße? Ich meine, fast zehn Jahre mussten TESTAMENT-Fans in aller Welt auf dieses Album warten, und dann ist alles, was sich auf dieser DVD befindet, 15 Minuten verfilmte, langweilige Grütze? Ok, die üblichen Verdächtigen wie eine Fotogalerie und so eine Art Karaoke hatte ich erwartet. Aber das, was als "The Making Of 'The Formation Of Damnation'" bezeichnet wird, schlägt doch wohl dem Fass den Boden aus. Nochmal, zehn lange Jahre musste man auf dieses Album warten und was kriegt der geneigte Hörer, respektive Seher, dargeboten? Gefühlte 7,5 Minuten sieht man nur das einsame Drumkit im Studio, wie es einmal per Restlichtverstärker aus allen Winkeln und Perspektiven gefilmt wird und einmal ohne eben genannten Verstärker. Der Rest besteht daraus, wie Chuck ein oder zwei Songs einsingt, Alex ein Solo spielt und Eric ein Riff einspielt. Das war es. Keine Interviews mit den einzelnen Mitgliedern über zum Beispiel das, was in der Zeit zwischen "The Gathering" und dem aktuellen Album passiert ist. Kein Live-Mitschnitt von einer Hand voll Songs. Keine Backstage-Aufnahmen diverser Festival- oder Headliner-Shows. Auch keine 15-minütige Dokumentation über die Band an sich, oder das vorliegende Album. Nein. Nur 15 Minuten Scheiße, die hier im DVD-Player rotiert.

So, das tat gut. Im Gegensatz zum Übelkeit erregenden Bonus haben TESTAMENT mit ihrem neuen Album alles richtig gemacht. No fillers, just killers. Klassischer und doch zugleich moderner waren/sind TESTAMENT nie gewesen. Hier ist für Fans von so gut wie jeder Schaffensphase etwas dabei. Wer auf den rohen, fiesen Death Metal-Sound der "Demonic" steht, wird an dem Titelsong, "The Persecuted Won't Forget" und der letzten Hälfte des Rausschmeißers "Leave Me Forever" seine Freude haben. Liebhaber von Alben wie "Souls Of Black", "Practice What You Preach" und womöglich sogar vom unterschätzten "The Ritual" werden bei den Songs "More Than Meets The Eye", "Dangers Of The Faithless" oder auch "Afterlife" sabbernd ihre Lauscher gen Lautsprecher richten.

Das klingt zwar nach "Wir gehen lieber auf Nummer sicher.", und das mag zum Teil sogar zutreffen. Jedoch biedert sich die Bay Area-Legende zu keinem Zeitpunkt dem in der jungen Metal-Gemeinde zum Volkssport verkommenen gegenseitigen kopieren an. TESTAMENT klingen auf diesem Album klassischer wie selten und doch Millionen Mal vitaler als ein Gros der anderen alten Haudegen. Damit gehören sie der kleinen Gruppe an, in der auch EXODUS und DEATH ANGEL flanieren: "Oldies but Goldies". 

Allerdings muss ich gestehen, dass ich Anfangs meine Schwierigkeiten hatte mit dem gesamten Album warm zu werden. Nachdem die ersten drei Brecher (exklusive Instrumental) über mich hinwegfegten, störte das runtergeschraubte Tempo von "Dangers Of  The Faithless" beträchtlich den Fluss. Auch die darauf folgenden Stücke wirkten für mich eher wie hochwertige Füller, zu gleich und uninspiriert klang es doch. Jedoch kann ich hier einen kleinen Trick verraten, den man nach den ersten Durchgängen vielleicht mal ausprobieren sollte. 

Statt mit dem Album von Anfang an zu beginnen, fängt man sofort bei "Dangers Of The Faithless" an. Das hat zur Folge, dass es nicht unvermittelt langsamer wirkt, was wiederum dazu führt, dass der wahrscheinlich schnellste TESTAMENT-Song "The Persecuted Won't Forget" besonders zu Geltung kommt. Desweiteren birgt diese obskure Hörgewohnheit den Vorteil, dass man den anderen Songs mehr Aufmerksamkeit widmen kann, da es nun theoretisch nur noch sieben und nicht elf Songs sind. Wahnsinn, oder?

Musikalisch dürfte nun klar sein, was auf einen zu kommt. Doch über was singt der gute Chuck überhaupt? Er tut es seinem an einem Gehirntumor verstorbenen Namensvetter Chuck Schuldiner gleich: Alltagsbeobachtungen erfrischend dynamisch und abwechslungsreich geschildert. Teilweise sind die Inhalte offensichtlich, wie zum Beispiel in "The Evil Has Landed" (11. September 2001), "Henchmen Ride" (eine Huldigung an eine Gruppierung von Bikern) oder auch "Afterlife", welches thematisiert, etwas aus seinem Leben zu machen und man möglicherweise diverse Menschen im Jenseits wieder trifft. Teilweise sind sie jedoch relativ kryptisch und bedürfen erhöhter Aufmerksamkeit, wenn man wissen möchte, wo der Frosch die Locken hat.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Kaufen! Da Metal mit Substanz und Eiern heutzutage Mangelware geworden ist, ist es um so erfreulicher, dass die alten Knacker von TESTAMENT, EXODUS und DEATH ANGEL selbst nach so langer Zeit im Geschäft immer noch konstant gute Alben rausbringen. Wer seinen vom monotonen Rumgegrunze und nervigen Breakdowns gequälten Ohren eine Wohltat gönnen möchte, der sollte - neben diesem Album -  auch noch in die aktuellen Scheiben von EXODUS ("The Atrocity Exhibition: Exhibit A), DEATH ANGEL ("Killing Season"), OPETH ("Watershed") und / oder DIABLO ("Icaros") reinhören.

Sonntag, Mai 18, 2008

Diablo - Icaros

DIABLO (v.l.n.r.):
Aadolf Virtanen, Rainer Nigård, Heikki Malmberg, Marko Utriainen

13 Jahre sind seit der ersten Veröffentlichung aus dem Hause DIABLO vergangen, damals noch unter dem Namen DIABLO BROTHERS. In dieser Zeitspanne wurden drei Demos, genauso viele Singles und sechs Alben veröffentlicht. Die letzten beiden Alben - "Eternium" und "Mimic47" - sind technisch wie auch musikalisch in der ersten Liga im Metal-Bereich anzusiedeln. Sie haben sogar im Olympiastadion von Helsinki (Kapazität: 40.000 Personen) für METALLICA eröffnet. Trotz dieser Fakten schafften es DIABLO bei ihrem letzten Auftritt in Deutschland (um genau zu sein in Berlin) gerade mal knapp über 200 Leute zu ziehen.

Ursache? An der Musik liegt es nicht, woran also? Womöglich daran, dass sie in Deutschland kein Label im Rücken haben. Aus diesem Grund liegt mir die am 15. Mai erschienene, aus Finnland importierte und unterschriebene Version des neuen Albums vor. Wann eine Veröffentlichung in Deutschland passiert, steht zu diesem Zeitpunkt in den Sternen.

Wer sich trotzdem zu dem elitären Kreis zählt, von DIABLO schon mal was gehört zu haben, oder sogar die letzten beiden Alben sein oder ihr Eigen nennt, wird überrascht sein vom leicht veränderten Klang von "Icaros". Zwar klingen die Finnen immer noch unverkennbar nach DIABLO, jedoch haben sie die Zeichen der Zeit erkannt und sich teilweise angebiedert. Schwer zu beschreiben, doch teilweise klingen sie wie Finnen, die einen amerikanischen Sound fahren wollen. IN FLAMES, anyone? Wer nicht weiß was ich meine, soll sich bitte "Resign From Life" anhören und sich den Gesang von Anders Friden von "Come Clarity" dazu denken, der Rest erklärt sich von selbst. 

Doch nicht nur von den mittlerweile zum Mainstream-Act verkommenen Nachbarn lassen sich DIABLO inspirieren, auch scheinen sie in letzter Zeit viel AMORPHIS gehört zu haben. Speziell "Tales From The Thousand Lakes", da in gewissen Momenten die Keyboard-Untermalung, wie zum Beispiel bei "Chagrin", arg ins Kitschige abzudriften droht. Dies fällt allerdings nur bei diesem Song negativ ins Gewicht, der Rest des Albums wirkt durch diese zusätzliche Instrumentalisierung erfrischend anders, man möchte sogar sagen dynamischer. Leicht zu veranschaulichen dadurch, dass man sich die Dampfwalze von einem Album "Mimic47" mit einem "luftigeren" Sound vorstellt. Schon sollte der Leser eine ungefähre Ahnung haben, was der Schreiber dieser Zeilen einem suggerieren möchte.

All dieser Neuerungen im Klangbild zum Trotz kann ich eine generelle Entwarnung für Fans geben, es ist immer noch ein Album, wie man es von DIABLO seit "Eternium" erwartet. Der typische Gitarrensound, das versierte, vertrackte Schlagzeugspiel, die manchmal asynchronen Riffs, die melodischen, teilweise pfeilschnellen Leads, sowie die typisch finnische Melancholie bilden erneut das musikalische Fundament einer der besten Bands aus dem ganz hohen Norden. 

Die Texte sind erneut (typisch Finnen eben) melancholisch, einige weisen sogar einen negativen, gar selbstzerstörerischen Charakter auf. So zum Beispiel "Through Difficulties To Defeat", welches die Situation beschreibt, sich die Langeweile in der Einöde mittels starken Alkoholkonsums zu vertreiben. Oder "Hammer", in der eine durchzechte Nacht in einem Kater mündet, der wiederum den Protagonisten in die Schizophrenie zu treiben scheint. Oder auch dem abschließenden "Into The Sea", dass den Protagonisten beschreibt, wie er die ruhige See beobachtet, dabei allen den Mist, den man im Leben gebaut hat Revue passieren lässt und die einzige Möglichkeit, sich dieser Last zu befreien darin sieht, sich in eben jenem See zu ertränken.

Mir ist auch aufgefallen, dass bei diesem Album ein völlig anderes Songwriting statt gefunden hat. Zuvor war es immer so, dass zuerst der Hauptriff gespielt wurde, darauf folgte eine eher ruhigere, klare Gitarrenlinie mit ebenso klarem Gesang, bis es dann wieder heftiger wurde. Das haben sie bis zur Bridge wiederholt und dort dann einen kleinen Break eingebaut, um mit dem Refrain zu beenden. Das wurde diesmal komplett über den Haufen geworfen. Auf "Icaros" ist das mit Abstand beste und abwechslungsreichste Songwriting zu hören, denn man scheut sich auch nicht, einen Breakdown rein zu basteln, welcher wunderbar im Kontext aufgeht.

Wie eingangs erwähnt steht noch kein Termin für eine Veröffentlichung in Deutschland fest, deshalb können besonders Ungeduldige (wie ich) "Icaros" direkt beim Label bestellen. Außerdem versucht eine Hand voll deutscher DIABLO-Fans momentan einen virtuelles Sammelbecken für uns Verstrahlte aufzubauen, ein Besuch auf www.mimic47.de wird also mehr als begrüßt. Da der Betreiber der Seite mit der Band in Kontakt steht, kann man also in Zukunft das ein oder andere exklusive Schmankerl erwarten. 


Freitag, März 21, 2008

Thrice - The Alchemy Index Vol. I & II: Fire & Water

THRICE (v.l.n.r.):
Eddie Breckenridge, Teppei Teranishi, Dustin Kensrue, Riley Breckenridge

Wer (wie ich) dachte, dass "Vheissu" die vertonte Perfektion sei und der Nachfolger völlig im Schatten dieses erhabenen Stückes Musik verschwinden würde, der- oder diejenige dürfte sich nach den ersten Hördurchläufen von "The Alchemy Index" in seiner/ihrer Vermutung bestätigt fühlen. Zu sehr haben sich die unmenschlich perfekten Kompositionen, die (wirklich!) Atem raubende Stimme von Dustin Kensrue und die aus einer anderen Galaxie zu stammen scheinenden Harmonien und Melodien in die Synapsen eingebrannt. Schon die Bekanntgabe, dass THRICE an einem neuen Album arbeiten, ließ mich schlucken, da ich mir partout nicht vorstellen konnte (oder wollte?) wie man ein auch nur ähnliches Album wie "Vheissu" entstehen lassen könnte. Noch bevor ich auch nur einen winzigen Schnipsel vom neuen Album vernahm, wusste ich, dass ich enttäuscht sein werde.

Doch das Videotagebuch beruhigte daraufhin meine strapazierten Nerven. Zwar war nie ein ganzer Song zu hören, doch die Ausschnitte, die man hören konnte, ließen großes erwarten. Man hörte donnernde Riffs, wieder die übermenschliche Stimme Kensrue's, welche akustisches Gitarrenspiel untermalte, sowie elektronische, verträumte Klangspielereien. Vielleicht wird es ja doch nicht so übel, dachte ich bei mir. 

Das Konzept des neuen Albums ist die Vertonung der vier Elemente. Ich schluckte. Ein Projekt dieser Größenordnung, das können nur Ausnahmemusiker wie THRICE in Angriff nehmen, jede andere Band würde dabei nur kläglich scheitern. Doch wie, um Himmels Willen, soll sich das anhören?! Dann ließen sie die nächste Bombe platzen: Pro Element wird es eine CD geben. Vier CDs! Vier verdammte CDs! Der pure Wahnsinn. Für mich als zukünftiger Hörer der CD zumindest, doch im Falle von THRICE womöglich Größenwahnsinn? Hatten sie sich damit nicht etwas übernommen? Nein, dachte ich, eine Band solchen Kalibers macht nichts falsch.

Es kann nur genial werden. Und falls nicht, hast Du die Band immerhin finanziell unterstützt, damit sie beim nächsten Mal wieder großartige Musik machen. Doch so etwas wird, kann und darf nicht passieren, schließlich reden wir von THRICE! 

Mittlerweile drehte sich mein gesamter Alltag um die bevorstehende Veröffentlichung. Tag ein, Tag aus hoffte ich, nicht enttäuscht zu werden und dass mein Leben mit einer weiteren audiophilen Glückseligkeit wie "Vheissu" bereichert wird. Vorbestellt war es, so früh es überhaupt möglich war. Als es letztendlich (etwas verspätet) in meinem Habitat eintraf, war der Tag der Entscheidung gekommen. Ähnlich gespannt und nervös wie vor diversen wichtigen Prüfungen im Leben legte ich die CD in den Schacht und gab mich den Klängen von "The Alchemy Index Vol. I & II: Fire & Water" hin. Um mir dieses erste Mal nicht zu versauen, hörte ich zuvor lediglich in die Songs "Firebreather" und "Digital Sea" rein, welche vor Vorfreude meinen Brustkorb beinahe bersten ließen.

Was soll ich sagen? Das, was ich seit der Bekanntgabe bereits befürchtete, bestätigte sich. Ich war nicht überwältigt. Die Musik war über jeden Zweifel erhaben und THRICE durften sich auch weiterhin ihre talentierten Hinterteile mit irgend einer Veröffentlichung im musikalischen Bereich abwischen, doch der Funke wollte nicht überspringen. Woran lag es? Natürlich an der Erwartungshaltung. Zunächst daran, dass es (verständlicherweise) total anders als "Vheissu" klang, es zwei CDs, aber wenige Songs waren. Zu sperrig und simpel erschien mir die "Fire"-CD, zu langweilig und dahinplätschernd die "Water"-CD. Das Gefühl des Unbehagens wurde ich auch nach mehreren Durchläufen nicht los.

Ich musste mich geradezu zum Hören zwingen. Und dann machte es endlich "Klick". Von einem Moment auf den anderen erschloss sich mir dieses akustische Stück Unglaublichkeit, welches einige Bruchteile zuvor nur eine CD gewesen ist. Hier haben THRICE an alles gedacht. Es wird nicht stupide über Feuer und Wasser auf den jeweiligen CDs sinniert, nein. Sie klingen auch wie die jeweiligen Elemente. Die Songs außen vor gelassen und nur auf den Klang konzentriert, weisen die CDs Attribute auf, die wie die Faust aufs Auge passen.

"Fire" ist sehr direkt, hat einen Höhenreichen Sound und scheint zu lodern. Es klingt kratzig, flackernd, verraucht. Mit dieser akustischen Ummantelung wirken die brummenden, stampfenden Riffs und die dramatisch mitreißenden Leads und Hooklines umso bedrohlicher und eben, tja, feuriger. Ich möchte mich nicht weiter mit wahnwitzigen Adjektiven herumschlagen, um die Songs zu beschreiben. Lediglich das, was beim ersten Hördurchgang am meisten haften bleibt, möchte ich erwähnen. Zum einen den Kinderchor am Ende von "Firebreather", der irre Refrain von "Backdraft" (diese Stimme!!) und das abschließende, extrem verzerrte und psychotische "The Flame Deluge".

Drohten die Flammen den geneigten Hörer Sekunden zuvor noch zu verschlingen, findet sich dieser unter der Wasseroberfläche wieder. Ein beruhigendes Dröhnen umgibt die Ohrmuschel, dumpfer und elektronischer ist die klangliche Färbung auf "Water". Auch hier möchte ich nicht mit vagen Umschreibungen der Lieder nerven, sondern darauf hinweisen, dass diese CD mehr gefühlte Ohrwürmer beim ersten Hördurchgang als "Fire" hat. Und wer sich das Beste nicht zum Schluss aufheben kann, der hört sich eben sofort "The Whaler" an und staunt, wie jemand mit so einer Stimme gesegnet sein kann.

Am 18. April 2008 erscheinen die beiden CDs "Earth" und "Wind". Einen Höreindruck von "Wind" gibt es auf deren MySpace-Seite. Wem Dustin solo an der akustischen Gitarre gefällt, sollte auch mal seine CD "Please Come Home" antesten, bei der auch die restliche THRICE-Crew mitgewirkt hat.

Porcupine Tree - Nil Recurring

PORCUPINE TREE (v.l.n.r.):
Steve Wilson, Colin Edwin, Richard Barbieri, Gavin Harrison

"Nil Recurring" enthält vier Songs, die während der Aufnahmen zum aktuellen Album "Fear Of A Blank Planet" entstanden sind und nun separat auf einer EP veröffentlicht wurden. "Geldmacherei!" werden die einen nun schreien, "Die hätte man doch aufs Album raufpacken können!". Stimmt, hätte man. Und, ja, es ist Geldmacherei. Aber das war/ist das Album auch schon. Und die vorangegangen auch. Sowie alles, womit sich Geld verdienen lässt, von daher kehren wir dieses Argument einfach mal unter den Teppich. Doch warum nun extra eine EP von vier übrig gebliebenen Songs, warum konnten die nicht einfach auf dem nächsten Album zu hören sein? Die Antwort ist simpel: Sie sind thematisch zu sehr an "Fear Of A Blank Planet" gebunden und musikalisch doch meilenweit davon entfernt. 

Stelle ich mir diese vier Songs im Kontext des Albums vor, hätte es sich seltsam angehört. Nicht etwa, weil die Songs uninspiriert, uninteressant oder unfertig klingen. Erst mit dieser Veröffentlichung ist mir bewusst, wie dominant das Konzept, die Geschichte von "Fear Of A Blank Planet" in den Vordergrund gerückt wird. Erst jetzt fällt mir auf, wie sekundär die Instrumentalisierung und wie wichtig das übermitteln der Botschaft ist. Nach den ersten Hördurchgängen von "Nil Recurring" klingt das tatsächliche Album irgendwie steril und kalt. Man möchte sogar sagen, zu kalkuliert. Auf keinen Fall möchte ich es schlecht reden, nichts liegt mir ferner.

Wie bereits erwähnt, hält sich "Nil Recurring" textlich in den selben Gefilden wie der große Bruder auf. Wäre dieser aber so farbenfroh, so vital und so spielfreudig instrumentalisiert worden wie diese "Ausschussware", wäre "Fear Of Blank Planet" ein noch größeres Album geworden, als es ohnehin schon ist. Was einem sofort ins Ohr sticht: Gavin Harrison. Endlich darf er sich am Schlagzeug richtig austoben, wenn nicht sogar ausrasten. Die Songs atmen durch sein sehr organisches Spiel noch mehr, als sie es auf "Fear Of A Blank Planet" ohnehin bereits tun. Mal zurückhaltend, perkussiv. Mal donnernd, wütend. Generell sind die Songs viel ausladender ausgefallen, was meiner Ansicht nach der Grund ist, weshalb sie nicht auf der Langspielplatte (Old School!) veröffentlicht wurden. Die Geschichte tritt bei Seite und die Musik rückt in den Vordergrund.

Fans von PORCUPINE TREE dürften diese CD sowieso schon längst ihr Eigen nennen. Wem an "Fear Of A Blank" missfiel, dass es mitunter zu kühl klang, der sollte "Nil Recurring" antesten und sich für eine knappe halbe Stunde in dem Klangbild verlieren, welches dem Album den letzten Schliff verpasst hätte.

Sonntag, Februar 17, 2008

Death - Symbolic

DEATH (v.l.n.r.):
Chuck Schuldiner, Gene Hoglan, Bobby Koelble, Kelly Conlon

Wie schafft man einen Klassiker? Warum sind Alben wie METALLICA's "Master Of Puppets", PANTERA's "Cowboys From Hell", SLAYER's "Reign In Blood", IRON MAIDEN's "Number Of The Beast" oder AMORPHIS' "Tales From The Thousand Lakes" tief in den Köpfen von Musikliebhabern der härteren Gangart verankert? Vielleicht aufgrund gerissener Vermarktungspolitik? Wohl kaum, ein Gros der eben genannten Veröffentlichungen wurde "lediglich" durch die - vom Internet ausgerottete - Tapetrader-Szene populär. Und erlangten nicht zuletzt aufgrund dieser minimalistischen Verbreitungsmethode Kultstatus, sondern auch durch das, was damals aus dem Kassettenrekorder schallte. Lange, komplex aufgebaute Songs ("Master Of Puppets"), dämonische Schnelligkeit und kompromisslose Härte ("Reign In Blood"), Double Leads ("Number Of The Beast") und ungewöhnliche Instrumentalisierung ("Tales From The Thousand Lakes") sind Dinge gewesen, die man bis dato nicht gehört hatte.

Auch "Symbolic" ist ein Klassiker. Jedoch weitaus weniger populär als die eben genannten Werke. Nicht bezogen auf die Metal-Szene, doch fragt man den Otto-Normal-Hörer nach IRON MAIDEN, METALLICA oder SLAYER, werden ihm/ihr diese Namen geläufig sein. Die vermeintlich geringe Popularität ist darauf zurückzuführen, dass DEATH Mitbegründer und Namensgeber eines Genres sind, dass Aussenstehende lediglich als Krach deklarieren würden: Death Metal. Merkmale wie gutturaler Gesang, hohe technische Präzision seitens der Instrumentalisierung, vertrackte Rhythmen und Taktwechsel sprengen nunmal jedem normalen Musikkonsumenten das Hirn.

Doch seit dem Genredefinierendem "Scream Bloody Gore" sind weitere Klassiker wie "Leprosy", "Spiritual Healing", "Human", sowie "Individual Thought Patterns"  erschienen. Dabei ließ sich eine deutliche Entwicklung feststellen. Instrumental weiterhin sehr technisch, traten vermehrt melodische Nuancen in den Vordergrund und Chuck entfernte sich nach und nach vom Rumgekeife der alten Tage hin zum klarem Gesang. Auch die Texte handelten nicht mehr von Splatterthemen, sondern wurden nachdenklicher. Auf "Symbolic" hört man einen Chuck Schuldiner, der intelligente und zutiefst berührende Ansichten über die Vergänglichkeit des Lebens preisgibt.

Dabei driftet er nicht ins Kitschige ab oder langweilt mit abgedroschenen Phrasen. Er beschreibt Kindheits-Erinnerungen an eine unschuldige, unbekümmerte Zeit. Aber auch die Frage des Lebens, welchen Sinn hinter unserem Handeln steckt und welche Ziele wir vor Augen haben. "Symbolic" ist ein Album, welches trotz technischer Riffs und agressivem Double Bass-Gebrauch, welche dennoch sehr akzentuiert eingesetzt wird,  auf emotionaler Ebene zutiefst berührt. Jeder kann nachvollziehen, wovon Chuck singt, denn es sind authentische, glaubwürdige Worte.  

Mit der lyrischen Melancholie geht auch die melodische Begleitung der Songs einher. Wunderschöne, zugleich depressive, schwermütige Harmonien erschaffen einen klanglichen Charakter, der "Symbolic" einen hohen Wiedererkennungswert gibt. Es sind die Melodien und Riffs in Songs wie dem Titelsong, "Zero Tolerance", "Empty Words" und dem bewegenden "Crystal Mountain", ach, es sind einfach alle Songs, bei denen mir bei jedem Hören schwer ums Herz wird, weil Chuck Schuldiner viel zu früh von uns ging. 1999 wurde bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert, jedoch war Chuck nicht krankenversichert. Trotz Spenden und Benefizveranstaltungen begab es sich am 13. Dezember 2001, dass die finanziellen Ressourcen aufgebraucht waren und Chuck aus dem Krankenhaus entlassen werden musste. Wenige Stunden darauf verstarb er.

"I close my eyes 
And sink within myself
Relive the gift of precious memories
In need of a fix called innocence"

Aus dem Titelsong vom Album "Symbolic"

Samstag, Februar 16, 2008

Maroon - The Cold Heart Of The Sun

MAROON (v.l.n.r.):
Sebastian Rieche, Tom Eric Moraweck, Andre Moraweck, Nick Wachsmuth, Sebastian Grund

"Bwaaaaaaaaahh!!". Blast Beats. Todesblei-Gitarren-Leads. Rumpel, polter. "Bwoooooooo!!". Wieder Blast Beats, erneut mit Todesblei gefüllte Leads, krach, schepper. 

So, oder so ähnlich würde ich den Anfang von "(Reach) The Sun)" beschreiben. Nachdem der Schreiber dieser Zeilen sich per Hand-zu-Mund-Beatmung wieder aus dem Koma erweckt und die Mucke etwas leiser gedreht hat, stellt er fest, dass hier wohl in den folgenden Minuten keine Gefangenen gemacht werden.

Dabei war gar nicht mal sicher, dass dieser Silberling überhaupt seinen Weg in meinen CD-Schacht finden würde, geschweige denn in mein CD-Regal. Schließlich reagiere ich äußerst allergisch auf die Stilbeschreibung "Metalcore". Scheuklappendenken zum Trotz gab ich dem ersten Song dennoch eine Chance. Was soll ich sagen? Durch den Brustkorb direkt direkt zum Herzen durchgeprügelt. Erfreulicherweise ist die Rate an 0815-Breakdowns sehr gering und so dominiert moderner und brutaler Metal auf dem sechsten Album "The Cold Heart Of The Sun" . Jedoch wird hier nicht die Suppe nochmal aufgewärmt, sondern frisch zubereitet! Die Zutaten: Andres kläffender Gesang, zwei Esslöffel vertonte Brutalität, leckere Leads, würzige Hooklines, überbacken mit einer dicken Schicht Abwechslung, damit das Süppchen nicht langweilig schmeckt.

Essen gibt's später, erstmal die Mucke. Weniger eingängig, dafür umso vertrackter wird im folgenden "Only The Sleeper Left The World" weiter abgeholzt, was bei drei auf den Bäumen ist. Der Song prescht wüst nach vorne und sorgt nur kurz in Form von sehr melodischen Leads für Verschnaufpausen. "Steelbath Your Heart" begeistert mit einem mächtigen, walzenden Refrain, dem "Funeral Song" in nichts nachsteht. Es setzt sogar noch einen drauf, denn schwarzmetallisches Gedonner und extrem groovende Breaks verursachen die ersten Nackenbeschwerden. 

Hypnotisierende, monoton wabernde Riffs hingegen prägen das Klangbild von "Black Halo!" und verdeutlichen erneut, dass man nicht darauf erpicht ist, sich zu wiederholen, sondern zu unterhalten. Ein esoterisch anmutendes Ambiente, die Textzeilen "Here is the feeling, der Mutter Kind" und sphärische Soli saitens (lustig, oder?) der Gitarrenfraktion sind dafür verantwortlich, dass das gerade gehörte hartnäckig wie Mückenleichen auf der Windschutzscheibe in den Gehörgängen wiederhallt.

Das kalte Herz der Sonne
Es ist stockdunkel. Einzig und allein das unheilvolle Dräuen, welches sich kontinuierlich nähert, vermag zu beschreiben, an welchem Ort sich der Hörer befinden mag. Langsam den Körper hinauf wandernd umgarnt die kalte Schwärze den Körper, das Dräuen wird intensiver. Es ist nur noch wenige Schritte entfernt, als... Unterbrechung. Das Geräusch einer Maschine, deren Verbindung zur Stromversorgung gekappt wurde, reißt den Hörer aus der völligen Schwärze. Dieser Ort scheint komplett aus Metall zu bestehen. Klirrend und kalt hallen die Geräusche wieder, welche dieser Ort von sich gibt. Kondenswasser tropft von der mit Rohren übersäten, organisch wirkenden Decke. Es ist schwül. Die eigenen salzigen Schweißperlen erschweren die Sicht in dem ohnehin schwach ausgeleuchtetem Raum. An diesem seltsamen Ort muss wohl irgendetwas betrieben werden, von überall ertönen heftig arbeitende Hydrauliken. Irgendetwas großes. Die martialisch wütenden Pumpen verteilen in unmenschlicher Gleichmäßigkeit Öl durch die Luft. Die Spritzer verpuffen zu kleinen Wölkchen, wenn sie den Boden berühren. Es ist heißer geworden. Viel heißer. Zu heiß. Es riecht nach versengten Haaren, nach verbranntem Stoff. Die Sohlen der Schuhe haben kein Profil mehr, sie gleichen eher einer dickflüssigen Pfütze. Warum ist es hier so heiß? Was ist das für ein Ort?

Der Übergang vom Titelsong zu "For Those Unseen" hätte besser nicht sein können, doch zu rasant waren die vorangegangen Songs und zu schleppend ist dieser, als das er wirklich überzeugen könnte. Trotz Mitgröhl-Faktor. Hier kann auch "As Truth Becomes Vain" punkten, doch dieser Refrain ist der pure Wahnsinn. Eine erdig knatternde Double Bass, schwedisch-rasante Gitarrenleads und ein Andre, bei dem die Stimmbänder am liebsten vor Überstrapazierung aus dem Hals flüchten möchten.

Kann man übrigens eins zu eins für "The Iron Council" und "Fear Them Most Who Protect" übernehmen. Was soll ich mir noch irgendwelche Haarsträubenden Adjektive aus den Fingern saugen, wenn dem Leser sowieso klar ist, was einen erwartet: Gnadenlos rasanter, melodischer, heftiger Metal. Ein paar Wie-Worte habe ich allerdings noch in meiner Grabbelkiste, darum möchte ich noch folgendes verlieren: Worte. Über? "Some Goodbyes Are Farewells".

Knapp 50 Minuten Gepolter hinterlassen Spuren. Es gab zwar eine kurze "Erholungsphase" im kalten Herzen der Sonne, doch was zaubern MAROON denn da aus der Überraschungstüte? Eine Halbballade. Halb Krach, halb Melodie. Oder so. Mit tiefer, klarer Stimme vorgetragene Verse, denen man einen Hauch Melancholie nicht absprechen kann. Im Refrain bellt Andre zwar in gewohnter Manier, doch im Kontext zum restlichen Material des Albums ist es eher zurückhaltend. Und mal unter uns: Jagen eigentlich nur mir die Zeilen "Please remember these times / Memories are immortal" Schauer über meinen hübschen Rücken? Oder sollte das vielleicht mal mein Orthopäde des Vertrauens überprüfen? Macht so etwas überhaupt ein Orthopäde?