Freitag, August 24, 2007

As I Lay Dying - An Ocean Between Us

AS I LAY DYING (v.l.n.r.):
Josh Gilbert, Phil Sgrosso, Tim Lambesis, Nick Hipa, Jordan Mancino

Ein Ozean zwischen uns. Eine schier unglaubliche Menge an Wasser, welche zwei Seelen voneinander trennt. Das Herz von der Pein des Auseinander seins gebeutelt, das Gemüt mit dem stechenden Schmerz der Sehnsucht erfüllt. Der Verstand muss eingestehen, dass diese Hürde, dieser Ozean, unüberwindbar ist. Das Auge erfasst den endlosen, schnurgeraden Horizont. Irgendwo hinter diesem Horizont, geschaffen von Naturgewalten, ist das, was wir suchen, um glücklich zu werden. Werden wir Opfer auf uns nehmen, um unser Ziel zu erreichen? Oder werden wir weiterhin tatenlos den Wellen zu sehen, wie sie ein aufs andere mal am Ufer zerbersten und hoffen, dass sich schon etwas ergibt? Sind wir unseres Glückes eigener Schmied, oder lassen wir Andere für uns die Entscheidungen treffen?

Das dritte Album der Truppe aus San Diego durchlebt all diese Gedanken und Emotionen, bietet Höhen und Tiefen, Sieg und Niederlage, wie im richtigen Leben. Solange man den Mut hat, sich darauf einzulassen. AS I LAY DYING haben mit diesem Album einen großen Schritt nach vorne getan, der ihnen in der Metalszene viel Anerkennung verschaffen wird. Wer hätte von einer Band, die das Genre Metalcore gleichermaßen geprägt wie definiert hat, ein solches Album erwartet? Statt vorhersehbarer Breakdowns und dem monotonem Brüllgesang von Tim Lambesis herrschen hier Facettenreichtum, Spielfreude und Abwechslung. Auf "An Ocean Between Us" hat sich sein Gesang nicht wesentlich verändert, doch klingt seine Stimme nun deutlicher und dynamischer. Den Part des klaren Gesangs übernimmt nun Bassist Josh Gilbert, da Clint Norris seine Erfüllung woanders sucht. Erstgenannter meistert diese Aufgabe mit Bravour und entpuppt sich als wahre Bereicherung für die Band.

Natürlich haben AS I LAY DYING dem Metal nicht komplett den Rücken gekehrt, hier gibt es nämlich immer noch voll auf die Zwölf. So zum Beispiel im ersten Song "Nothing Left", welcher vom instrumentalen "Separation" eingeleitet wird, und neben einer markanten Hookline auch einen herrlichen Mitgröhl-Refrain bietet. Auch der Titelsong treibt sich in martialischen Gefilden umher und beweist im Refrain nicht nur, dass die Jungs geile Ohrwürmer schreiben können, sondern auch, wie fantastisch Josh Gilbert singen kann. Damit der Hörer nicht zu sehr ins träumen bei den wunderschönen Refrains gerät, holt ihn "Within Destruction" in Form eines musikalischen Abrisskommandos wieder aus dem Delirium zurück. Leicht und unschuldig wie ein Tag am Meer, dabei doch so heftig wie die Winde des Ozeans und so traurig wie ein gestrandetes Tier ist "Forsaken", auf welchem Herr Gilbert seine beste Gesangsleistung gibt. Wieder einmal kommt das Heftig-Ruhig-Schema zum Einsatz, denn "Comfort Betrays" wartet mit Gedonner vom Feinsten auf, bis "I Never Wanted" fast gänzlich ruhige Töne anschlägt. Um ein vielfaches depressiver als "Forsaken" und ein weiteres Mal ist es Neuzugang Gilbert, der dem Song das besondere Etwas verleiht. Vor allem der Schlussteil ist der bisherige emotionale Höhepunkt des Albums. Hier sind ganz, ganz großartige Musiker zugange, dich sich endlich von den Ketten ihrer musikalischen Vergangenheit befreit haben.

Der Hörer wird ein weiteres Mal aus dem Schwärmen gerissen. Und ehe man sich versieht, fegte bereits das wuchtige "Bury Us All" binnen weniger Minuten über einen hinweg. Länger und melodischer ist da "Sound Of Truth", welches wieder gnadenlos gute Hooks ohne Ende liefert, was neben der Lead-Fraktion vor allem den Refrain betrifft. Meistens sind rein instrumentale Muskelspiele auf Alben schmückendes Beiwerk und werden mit einem anerkennenden "Wow" abgetan, doch "Departed" ist da anders. Noch nie hat mich tapping so sehr berührt, wie in diesem Song. Der pure Wahnsinn. Den Tränen nahe, verpasst mir "Wrath Upon Ourselves" mit dem urplötzlichen Einsatz von heftigen Riffs, wütendem Schlagzeugspiel und heftigstem Rumgekeife seitens Lambesis' fast einen Herzinfarkt. Auch hier ist wieder der melodische Refrain dank Gilbert eine Ohrenweide, der bei "This Is Who We Are" ein letztes Mal demonstriert, wozu seine Stimmbänder in der Lage sind. Nachdem seine letzen Worte verklungen sind, geleitet eine traurige, sanfte Pianomelodie den Hörer aus diesem tobenden Ozean hinaus.

Das Unwetter ist vorüber, das Salz des Meeres brennt in den Augen. Der rund gewaschene Sand des Strandes umschmeichelt samten Arm und Bein, die Möwen singen ihr Lied. Das sanfte Brechen der Wellen klingt dumpf in den Ohren, eine klare Brise zerzaust das noch nasse Haar. Und das erste, was die schmerzenden Augen sehen, ist der Strand, der einst in so weiter Ferne zu sein schien.

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Donnerstag, August 16, 2007

Enter Shikari - Take To The Skies

ENTER SHIKARI (v.l.n.r.):
Liam Clewlow (Rory), Roughton Reynolds (Rou), Rob Rolfe, Chris Batten

In welche Schublade soll man das nur stecken, was die Engländer ENTER SHIKARI auf ihrem Debüt "Take To The Skies" auf die Menschheit loslassen? Techno Metal? Emo Trance Core?! Hard Euro Dancecore?!! Die Schublade, welche die Band nennt, ist zwar alles andere als neu - ich sage nur HORSE THE BAND - aber mehr als passend: Nintendocore. In der Tat fühlt man bei einigen Songs nostalgische Gefühle an die pixeligen 16 Bit-Zeiten in sich aufkeimen. Doch auch Assoziationen zu diversen Techno und Pop Hits aus den Neunzigern sind möglich. Mein Gott, teilweise könnte die Musik sogar auf den hiesigen Plastik Musik-Radiosendern gespielt werden, erinnert der Gesang der Jungs mit ihrem englischen Akzent an diverse Bands, die von "schwulen Studenten" gehört werden. Zwar habe ich dieses Zitat von Herrn Ferchichi dreist aus dem Zusammenhang gerissen, doch für meine Zwecke reicht es. Damit meine ich Bands wie MANDO DIO, THE HIVES, THE KILLERS und andere Bands, die mit einem Artikel anfangen und bei der die Band Opas Klamotten aufträgt.

Genug dieses diskriminierenden Geseires, schließlich geht es hier nicht um meine Aversionen gegen austauschbaren Indie Rock, sondern um "Take To The Skies". Und weil's so schön ist, sogar die Limited Edition mit DVD. Auf dieser ist neben Livematerial und einer Slideshow auch Backstage-Material zu bestaunen. Die äußere Hülle bildet ein schlichter, aber dennoch schicker Pappschuber. Hat man dieses ästhetische Hindernis überwunden, offenbart sich dem Blickfeld des Betrachters das Cover mit dem genialen Artwork von Keaton Henson. Dieses dient nicht nur als schmückendes Beiwerk der Texte, sondern hilft simultan auch noch, diese besser zu verstehen, beziehungsweise zu intensivieren. Bevor man all dies allerdings zu Gesicht bekommt, purzeln einem zwei Zettel mit Stickern entgegen (haben die Ausmaße der CD-Verpackung, mal so nebenbei). Da kriegt man doch mal was für sein Geld geboten, und das bei einem Debüt!

Im ersten Absatz habe ich bereits erahnen lassen, welche mannigfachen musikalischen Pfade ENTER SHIKARI bestreiten. Der Name stammt übrigens aus dem indischen und bedeutet ins Englische übersetzt "Enter The Hunter". Dieser Jäger ist ein Charakter, den Rou für ein Stück schrieb, noch bevor die Band existierte. Ein Charakter, welcher als Metapher für positive Aggressionen benutzt wird. Shikari ist die Hoffnung, die uns die Energie gibt weiter zu machen und uns nach dem Heilmittel für unsere Probleme jagen lässt. So die offizielle Erklärung der vier kurzhaarigen Inselbewohner. Zurück zur Musik. Der größte Kritikpunkt dürfte neben den Dance, Techno und Euro Dance Keyboard Klängen auch der Gesang sein. Manchmal brüllen alle vier aus vollem Hals eine Strophe, manchmal werden die gutturalsten Ebenen des Gutturalen betreten, manchmal schreit Rou aus vollem Hals und manchmal singt er. Das er dabei ab und zu etwas schief klingen mag, stört weniger. Eine Konstante hingegen auf "Take To The Skies" ist der englische Akzent. Wem diese beiden Sachen auf einer Metal, beziehungsweise Emo, Screamo oder meinetwegen auch Hardcore CD übel aufstoßen, der braucht hier nicht weiter zu lesen. Der Rest darf sich an meinen nachfolgenden Worten laben, oder kann ein Glas Wasser trinken gehen, je nachdem, wie es Mann/Frau beliebt.

Interessant ist, dass es eigentlich nur elf "richtige" Songs auf "Take To The Skies" gibt, welche wiederum von sechs unbetitelten Intermezzi aufgelockert/verlängert/unterbrochen werden. In fast jedem werden die Worte "And still we will be here, standing like statues!" gerufen/gegrunzt/geschrien. Das diese Zeilen eng mit der Handlung verbunden sind, darauf werde ich ausführlich (oh, oh...) im letzten Absatz eingehen. Diese Intermezzi sind zwar unterhaltsam, jedoch erachte ich die "richtigen" Songs als wichtiger. So zum Beispiel "Enter Shikari", welches mit dem zweimaligen Ausruf eines Fäkalwortes beginnt und dabei von dramatischen Trance Sounds untermalt wird, bis schwere Riffs zu einem Trancecore-Bastard erster Güte überleiten. Der Anfang von "Mothership" lässt vermuten, dass sich "Trance Dance Vol. 945325" im CD-Schacht befindet. Weit gefehlt, denn hier sind ENTER SHIKARI zugange und diese trumpfen erstmals mit klaren Gesangslinien auf, sowie deren Gespür für Spannungsaufbau in einem Song. "Anything Can Happen In The Next Half Hour" fängt zwar schmalzig an, wandelt sich aber zu einem tanzbaren (!) Metalsong mit hoher Breakdown-Dichte.
Ein so kitschiges Keyboard-Gedudel als Einleitung zu benutzen ist ganz schön mutig, kann sich aber "Labyrinth" leisten, nicht nur dank dem... nein, ich glaube, genau das macht den Song aus, obgleich der Tatsache, dass er einer der Schwächeren ist. In "No Sssweat" werden die Gehörgänge des Hörers mit hohem Tempo, Falsettgesang und Schimpfwörtern penetriert, während "Today Won't Go Down In History" die erste Ballade ist, die man auf "Take To The Skies" zu Gehör bekommt. Ein, für ENTER SHIKARI-Verhältnisse, spärlicher Einsatz von künstlichen Klängen und Breakdowns könnten für die ein oder andere Gänsehaut sorgen.

Im Gegensatz dazu fällt "Return To Energiser" über einen her und punktet mit einem wunderschönen, melodischem Refrain. Doch es wird noch besser, denn der Ohrwurm "Sorry, Your're Not A Winner" heimst sogar noch mehr Punkte durch genial platzierte Handclaps, ein markantes Riff und einen weiteren ausgefallenen Refrain ein. Nach diesem Hit-Doppelschlag sollte der Hörer sich allerdings auf unangenehmen Schmerz in der Gegend um das Trommelfell herum machen, denn "Johnny Sniper" wird mit Klängen eingeläutet, die selbst auf einer Kirmes seltsam klingen würden. Das geht glücklicherweise nur Anfangs so und wird später von ordentlich groovender Arbeit an den Instrumenten abgelöst. Nun wird es ernst. "Adieu" ist eine herzzerreißende Ballade, die aufgrund ihrer Ausgereiftheit in Bezug auf Klang und Text geradezu deplatziert wirkt. Ganz großes Kino, lediglich der zuvor erwähnte Akzent der Briten könnte dem ein oder anderen missfallen. Mit "Ok, Time For Plan B" sind wir beim letzten "richtigen" Song angekommen. Und der ist richtig "richtig". Da bleibt nicht viel mehr zu sagen: Gnadenlos guter Groove, abwechslungsreiches Songkonstrukt, himmlischer Refrain und abschließendes musikalisches abholzen.

Die Geschichte von "Take To The Skies" ist in ihrer Obskurität gleichwertig mit der Musik: Außerirdische entern unseren Heimatplaneten. Damit meine ich die Erde. Und wie es für Wesen aus einer anderen Galaxie so üblich ist, werden erstmal Homo Sapiens auf das Mutterschiff für experimentelle Zwecke hoch gebeamt. Oder doch nicht? Entführte berichten davon, sie hätten sich bei den vermeintlichen Invasoren sicher gefühlt, weil diese keine selbst bezogenen Individuen seien, die ihre Heimat zerstören wollen. Außerdem berichten sie davon, dass die Außerirdischen erzählt hätten, "die Antworten lagen schon immer auf dem Meeresbett". Wahrheit, oder Fiktion?

Schnitt. Wir befinden uns bei den Invasoren. Um genauer zu sein, bei zwei von ihnen. Ein unglücklich verliebtes Alien möchte seinem Gegenüber (auch ein Alien, logisch, oder?) seine Gefühle mitteilen, traut sich aber nicht. Schüchtern schaut es weg, wenn sich die Blicke kreuzen und lüstern wird das Objekt der Begierde beobachtet, wenn es den Blick abwendet. Solche Probleme kennt der Rest Belegschaft nicht, schließlich müssen sie sich um wichtigere Dinge kümmern. Nämlich ein menschliches Pärchen durch ein Labyrinth zu jagen. Diese diabolische Hatz wird von den Invasoren genauso ambitioniert wie ein Fußballspiel kommentiert, schließlich will jeder wissen, wie es um die Versuchskaninchen steht. Apropos Kaninchen. Wenn es ums essen geht, machen die Wesen aus dem All keine Gefangenen. Wenn man schon mal ein paar Erdenkinder an Board geholt hat, kann man diese auch gleich verspeisen. Jedoch herrscht Unmut an der Speisetafel: "Das machst Du jedes verdammte Mal! Kein Schweiß, keine Tränen, keine Schuld!" Tja, Menschen verspeisen will eben gelernt sein.

Zurück auf der Erde. Die Menschen holen zum Gegenschlag aus. Mithilfe von grinsenden Masken, die sie sich aufsetzen, können sie die gegnerischen Schilde in die Knie zwingen. Diesen Moment der Schwäche ausnutzend, schicken sie ihren besten Schützen los, um die außerirdische Brut zu vernichten. Johnny Sniper. Der lässt sich jedoch von der Schönheit der Natur hinreißen und verpennt somit seinen Auftritt. "Hey Johnny! So rettest Du die Welt!" Aufgrund seiner Unfähigkeit haben die Erdenbewohner die Faxen dicke, und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Nachdem sie diesbezüglich intensives Brainstorming betrieben haben, sind sie zu dem folgenreichen Entschluss gekommen, dass...

...es Zeit für Plan B ist: Keiner bewegt sich, alle warten, bis die Erde sich dreht, bis der Boden vor Erschütterungen erzittert. Schon als die Invasion begonnen hat, galt das Motto: "Und wir sind immer noch hier, stehen da wie Statuen!" Doch hat es geholfen? Sind womöglich gerade deswegen die Außerirdischen eingefallen? Vielleicht weil man nur tatenlos zusieht und alles mit sich machen lässt? Von Selbstzweifeln geplagt, nehmen die Erdlinge ihr Schicksal letzten Endes doch in die Hand und versuchen, die Erde selber zum drehen, sie selber zum erzittern zu bringen. Ausgang dieses Unterfangens? Ungewiss...

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Montag, August 13, 2007

Trivium - The Crusade

TRIVIUM (v.l.n.r.):
Travis Smith, Matthew Kiichi Heafy, Paolo Gregoletto, Corey Beaulieu

"Es war fantastisch. Ich meine, er ist einer meiner Lieblingsgitarristen aller Zeiten und Metallica ist die Band, wegen der ich angefangen habe, Metal zu hören, Songs zu schreiben und die mich inspiriert hat, für diese Band hier herum zu experimentieren und das alles. Kirk und seine Band haben einfach möglich gemacht, was wir heute tun."

Heafy zur Frage, wie es war, Kirk Hammett zu treffen. (Quelle)


Auf "The Crusade", dem dritten Album von TRIVIUM (2006 erschienen) ist der Einfluss dieser Band beim ersten Hörgang scheinbar größer denn je. Müssen sich der gebürtige Japaner Heafy und seine drei Mannen aus Florida nicht nur Vorwürfe über Ideenklau bei METALLICA gefallen, sondern z.B. auch "Death to false metal!"-Chöre als Vorband bei IRON MAIDEN über sich ergehen lassen. An besagten Abend, dem 22. Dezember in London, wurden sie sogar mit Urin gefüllten Ballons beworfen. "Die Geschmäcker sind verschieden" hin oder her, doch das geht definitiv zu weit. Und das etwa nur, weil sie sich deutlich von ihrem modernen, mitunter Metalcore-Sound auf "Ascendancy" entfernt haben und jetzt wesentlich klassischer klingen? Gerade dieses Publikum hätte das, meiner Meinung nach, zu begrüßen gewusst.

Inwiefern klingen Trivium denn jetzt klassischer, haben sie etwa eine stilistische 180°-Drehung gemacht? Eher 90°, schließlich spielen sie immer noch Metal und nicht Polka. Dieser Wende fielen, außer in "Becoming The Dragon", zum einen der Breakdown zum Opfer. Zum anderen der nervige Brüllgesang. Stattdessen klingt Heafy oft wie der junge James Hetfield höchstpersönlich, was aber wohl eher in der Natur der Sache liegt und nicht an Ideenlosigkeit. Diese "Hetfield Momente" konnte man auch schon auf "Ascendancy" wahrnehmen, unverständlich also, warum das Geschrei bei diesem Album so groß ist. "Was ist daran so schlimm, wenn ich mich wie Hetfield anhöre?" fragte einst der Trivium-Frontmann einen Reporter. Das frage ich mich auch, schließlich sind beide großartige Sänger und es kann nur von Vorteil sein, wenn man in einem Satz mit METALLICA gennant wird, oder etwa nicht?

Doch genug dieses leidigen Themas, ich will schließlich was über die Platte schreiben, nicht über irgendwelche Identitätskrisen. Fangen wir doch beim Cover an, welches klassisch daher kommt. Laut Aussagen der Band soll das "Wesen" mit dem Schwert die selbe Person sein, die auch schon das Cover von "Ascendancy" schmückte. Aha, wenn die hässliche Raupe zum wunderschönen Schmetterling wird, und so. Diesen biologischen Vorgang kann man mit dem Können von TRIVIUM vergleichen. Waren sie bereits auf dem Vorgänger spielerisch in der Oberliga, sind sie heute auf direktem Weg zum Olymp. "Ignition" begrüßt den Hörer mit der thrashigen Härte eines Stahlbetonträgers, um in "Detonation" noch etwas weiter mit diesem auszuholen und einen mit einem schmachtend rockigen Ende auf den Boden zu schicken. Hier unten angekommen, zwingt "Entrance Of The Conflegration" einen, mit dem Fuss im Nacken, noch mehr Dreck zu fressen. Ein unglaublich fett drückender Groove presst die Thrash-Stacheln der Schuhsohle weiter in den Nacken.

Nach dieser Vollbedienung Schwermetall macht sich bei mir leichte Enttäuschung breit. "Anthem (We Are The Fire)" gehört vielleicht auf Star.FM gespielt oder zurück mit einer Rakete in die Hairspray Metal-Ära geschossen, aber nicht auf dieses Album. Technisch zwar top, die Soli brauchen sich auch nicht zu verstecken, aber ab den "Woho, woho"-Rufen wird es unangenehm. Live macht dieser Song sicherlich Spaß, keine Zweifel, jedoch klingt er in diesem Kontext gewöhnungsbedürftig. "Unrepentant" hingegen kann nicht nur durch Matt Heafy's wohlklingenden klaren Gesang im Refrain punkten, sondern auch durch das interessante Thema. Ein Familienvater mit vier Töchtern, der seine Familie mit Messer und Machete im Schlaf auslöscht, weil die Älteste Ehebruch begangen hat und er verhindern will, dass die Jüngeren es ihr gleich tun. Schwere Kost, genauso schwer wie die Riffs, die uns hier im mittleren Geschwindigkeitsbereich um die Ohren sausen.

Noch düsterer geht es in "Sadness Will Sear" her, ich zitiere hier der Einfachheit halber Herrn Heafy: "[...] Der Song erzählt die Geschichte von Matthew Sheppard. Er war es leid beleidigt zu werden, wurde aber wegen seiner sexuellen Orientierung halb zu Tode geprügelt. Diese Geschichte passierte vor einigen Jahren in den USA. [...]". Ein Höhepunkt auf dem Album, welcher neben der Gesangsleistung Heafy's sich auch mit dem Zungenbrecher "It's 12:53 AM October 12th when the scarecrow died" hervorhebt.

In "Becoming The Dragon" knüpfen TRIVIUM an alte Glanztaten an, was im Klartext bedeutet: Teilweise Brüllgesang und ein heftiger Breakdown. Das ausgelutschte Schema nervt einen vielleicht, aber im Zusammenhang mit den vorangegangenen Songs wirkt das richtig erfrischend und "modern". Im Song geht es übrigens um Nishikigoi, welcher sich am Ende in einen Drachen verwandelt. Die Jungs haben doch Humor. Ein Beweis dessen ist auch der Text von "To The Rats". Hier geht es nämlich heiß her:
"But someday we all find you | Come to where you work | And fucking tie you", "A skull fuck | For every word | Just try to breathe | don't fuck with this", "Break every bone in your Face | If you mess with my life", und so weiter und so fort.
Verfilmt würde das einen unterhaltsamen Abend in einem Kino für B-Movies versprechen. Oh, ich schweife ab. Die Textzeilen werden einem verdammt schnell bei einem verdammt thrashigen Songgerüst entgegen geflucht, wobei der Höhepunkt hierbei die Penetration der Double Bass am Ende darstellen dürfte. Mit tut schon der Nacken weh, wenn ich daran denke.

Der Kopf, nein, die Ohren tun mir weh, wenn "This World Can't Tear Us Apart" aus den Lautsprechern plätschert. "Dying In Your Arms", vom Vorgänger, fängt zwar schmalzig an, entwickelt sich aber zu einer flotten Ballade, in der der Anteil an fetten Riffs aber nicht zu kurz kommt und mit einem ausgezeichnetem Solo abschließt. Anscheinend hat er den vier Jungs so gut gefallen, dass sie die Melodie 1:1 kopieren und einen noch schlimmer vor Schmalz triefenden Text verwenden. Tut mir Leid, "All the pain in this world won't stop us now | For we have each other | All the hate in this world can't tear us apart | This love is forever", erwarte ich von Britney Spears oder Celine Dion, aber doch nicht von der Band, die "Pull Harder On The Strings Of Your Martyr" schrieb!

Nach dieser herben Enttäuschung ist die Erwartungshaltung an den nächsten Song immens. Kann er ihnen gerecht werden? Er kann. "Tread The Floods" ist ein klassischer Metalsong wie er im Buche steht und auf den Refrain sollte das Hauptaug... öhm, Hauptohrenmerk gerichtet werden, denn der hat einen Flow, den habe ich von den Jungs noch nicht gehört. Weitaus schwer fälliger hingegen ist "Contempt Breeds Contamination". So richtig will er nicht zünden, da fehlt der Höhepunkt. Sehr schade, denn hier wird ein aus den USA bekanntes Thema behandelt: Polizisten, die Selbstjustiz bei Farbigen walten lassen. In diesem Song erschießen sie den Unschuldigen aufgrund ihrer verqueren Einstellung und tun es als Notwehr ab. Inhaltlich großes Kino, musikalisch leider Mittelmaß. Mit "The Rising" haben wir neben "Anthem (We Are The Fire)" den nächsten Song, welcher wohl ausschließlich für die Aufführung auf der Bühne geschrieben wurde. Dieser hier kommt allerdings weniger "käsig" daher.

Der instrumentale Titelsong schließt dieses durchwachsene Album ab. TRIVIUM lassen die Muskeln spielen und zeigen, dass es durchaus möglich ist, einen langen Song (übrigens der längste auf dem Album) auch ohne Gebrüll und Gesang über die Bühne zu bringen. Dabei werden unter anderem entspannte Bassläufe und hypnotisches Riffing als Stilmittel verwendet. Damit haben sie sich gut gerettet, denn "Anthem (We Are The Fire)" nervt mit Achtziger Jahre Hairspray-Charme, "This World Can't Tear Us Apart" mit furchtbarem Titel und Melodieklau vom Feinsten bei sich selbst und "Contempt Breeds Contamination" punktet zwar mit interessantem Inhalt, aber kommt nicht zur Sache.

Empfehlenswert ist dieses Album vor allem für Einsteiger, welche sich erst seit kurzem mit dem Genre Metal auseinandersetzen. Aufgrund der musikalischen Bandbreite des Albums bietet es einen guten Eindruck. Allen anderen dürfte diese CD so manche Autofahrt versüßen, beziehungsweise Party in Schwung bringen, oder auch auf dem MP3-Player unterwegs für Kurzweil sorgen.

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Samstag, August 11, 2007

Metallica - Master Of Puppets

METALLICA (v.l.n.r.):
Cliff Burton, Lars Ulrich, James Hetfield, Kirk Hammett

Als die Haare noch lang waren, die Leber überstrapaziert und der Name METALLICA noch nicht mit den Begriffen "Radioballade" und "Therapiegruppe" assoziiert wurde, veröffentlichten eben gennante im Jahre 1986 ein Album, welches bis heute als die Quintessenz ihres Schaffens gilt. Einige präferieren den Nachfolger "...And Justice For All", andere wiederum den Vorgänger "Ride The Lightning", ganz andere wiederum das Debüt, "Kill 'Em All". Welches nun besser ist oder nicht, ist Ansichtssache. Fakt ist, dass nicht wenige Erscheinungen aus dem Hartwurstsektor sich an diesem Album messen müssen, oder besser gesagt, gemessen werden. Auch jeder neue Silberling von METALLICA muss stets für den Vergleich mit "Master Of Puppets" herhalten.

Doch was macht dieses Album so besonders, dass es mehr als 20 Jahre nach der Veröffentlichung immer noch jung wie alt zu begeistern weiß? Vielleicht, weil METALLICA damals bis an die Grenzen ihres spielerischen Könnens gegangen sind? Vielleicht, weil es mit acht Stücken nicht zu kurz, aber auch nicht zu lang ist? Vielleicht, weil es musikalisch die ausgewogenste Platte ist? Schließlich wird hier mit dem von Akustikgitarren eingeleiteten "Battery", dem groovenden "The Thing That Should Not Be", dem Gänsehaut-Solo in "Welcome Home (Sanitarium)", dem instrumentalen "Orion" und dem superschnellen, thrashigem "Damage Inc." eine große stilistische Bandbreite geboten. Eine pauschale Antwort auf diese Fragen vermag ich nicht zu vergeben, denn jeder wird andere Gründe haben, warum er/sie dieses Album schätzt, beziehungsweise nicht schätzt. Ich möchte stattdessen eine Antwort auf folgende Frage geben: "Was ist das Konzept von Master of Puppets?"

Ein Blick auf das Cover lässt erahnen, wovon das Album handelt. Die Okkupation von Körper und Geist durch eine höhere Macht, selbst über den Tod hinaus, beziehungsweise bis zum Tod. Mit einem militärischen Bezug, wie man unschwer an dem abgebildeten Soldatenfriedhof und dem Soldatenhelm erkennen kann.

"Battery" handelt von Zorn und schildert, wie einem Soldaten auf dem Schlachtfeld die Sicherungen durchknallen und er in wahnwitzige Raserei verfällt. Die Schwachen werden weggerissen, die Feiglinge zerquetscht. Die Aggression wird zur Obsession, die Ungläubigen zerstampft, die Betrüger zerquetscht. Die Batterie des Zorns pumpt im Inneren immer weiter, ist ein Kraftwerk der Energie, hält den Kreislauf der Zerstörung in Bewegung. Doch diese Energie fordert ihren Tribut, nämlich die Abhängigkeit von Drogen, wodurch dieser Rauschzustand erst möglich ist.

Um diese Abhängigkeit geht es im Titelsong "Master Of Puppets". Hier tritt die höhere Macht (der Meister) in Erscheinung, welche den Protagonisten wie eine Puppe lenkt und beeinflusst. Die zuvor erwähnten leistungssteigernden Mittel haben jetzt die "Fäden in der Hand". Sie sind die Quelle seiner Selbstzerstörung, pumpen Angst durch seine Venen, fordern ihn auf, mehr zu probieren. Schließlich ist er süchtig danach, wie sie ihn umbringen. Sie okkupieren und verwirren ihn, verdrehen ihm den Kopf, zerstören seine Träume, blenden ihn. Die Nadel bahnt sich ihren Weg, er hackt sein Frühstück auf dem Spiegel zurecht und sein Leben, dass sich nur um den Tod dreht, nimmt nun wieder klare Züge an.

Weniger klar ist mir die Handlung von "The Thing That Should Not Be", dennoch konnte ich einige Informationen sichten. Das Lied handelt zwar auch von der Vereinnahmung des Verstandes, jedoch nicht durch Drogen oder pures Adrenalin. Es geht um Anhänger eines Kultes, welche ihre Individualität in den Hintergrund stellen, um im Kollektiv einer bestimmten Sache zu huldigen. Inspirieren lassen für diesen Song haben sich METALLICA von H.P. Lovecraft's "Schatten über Innsmouth", in welchem der Cthulhu-Mythos eine nicht unbedeutende Rolle spielt.

Wo die Zeit still steht, niemand diesen Ort verlässt und es auch nicht kann, davon handelt "Welcome Home (Sanitarium)". Die Figur in diesem Song befindet sich in einem Irrenhaus und wurde für geistig umnachtet befunden. Doch ist er das wirklich? Womöglich ist er nur so "verrückt", weil er hier festgehalten wird. Keine frische Luft, eingesperrt in einer Zelle und flüsternde Stimmen, die ihm versichern, er sei durchgedreht. Sie denken, sein Leben lege in ihren Händen und sagen: "Lasst ihn in Ketten, das ist gut für ihn, seht ihr nicht, dass es ihm schon besser geht?". Doch es liegt der Geruch von Aufstand in der Luft. Töten ist so ein nettes Wort, es scheint der einzige Weg, hier raus zu kommen.

Szenenwechsel. Wir befinden uns mitten auf dem Schlachtfeld. "Disposable Heroes" heißt im Kontext des Liedes übersetzt "Wegwerf-Soldaten". Einer dieser Soldaten erzählt seine Geschichte: Felder übersät mit Leichen und gefallenen Helden pflastern seinen Weg, blind rennt er über sie hinweg, denen der Tod anhaftet, rennt und kämpft bis zum bitteren Ende. 21 Jahre jung, hat seinem Land treu gedient, hat gelernt zu töten, nicht, sich zu kümmern. Er soll zurück an die Front, wenn sie sagen, dass er zurück an die Front soll. Er soll sterben, wenn sie sagen, dass er sterben soll. Er gehört nun Gevatter Tod ganz allein. Sein Leben war bereits geplant, noch bevor er geboren wurde. Wie hätte er da Einfluss nehmen können? Hatte keine Chance, sich selbst kennen zulernen. Jeden Tag wurde er mehr und mehr zum Soldaten geformt. Als er zurückblickt realisiert er, dass er nichts im Leben erreicht hat. Alleine wurde er auf dem Schlachtfeld zum Sterben zurückgelassen. Er umklammert seinen einzigen Freund im Leben: Seine Waffe.

Das Thema, welches "Leper Messiah" behandelt, hat keinen militärischen Bezug, ähnlich wie "The Thing That Should Not Be". Hier geht es um (vermeintlich) religiöse Gruppen, welche Kapital daraus schlagen, dass sie Leuten dass Blaue vom Himmel versprechen, solange sie genug bezahlen. Diese fallen wie ein Zirkus in der Stadt ein und der Clown in der Manege ist der Prediger. Er verbreitet seine Dogmen wie eine Krankheit. Hypnotisch predigt er den mental schwachen: "Gebt mir euer Geld, gebt mir die grünen Scheine und der Himmel wird euch begrüßen. Eine kleine Spende und ein besserer Platz dort oben sei euch gewährt!"

Man könnte aufgrund des Titels meinen, dass es in "Orion" ähnlich kosmisch hergeht, doch wo hat das instrumentale Stück eigentlich seinen Namen her? Wenn man es auf das Konzept der Okkupation bezieht, gibt es eine plausible Erklärung auf diese Frage. In der griechischen Mythologie war Orion ein riesiger und starker Jäger. Allerdings vermochten ihn seine Kraft und seine Größe nicht vor der Manipulation Dritter zu schützen. Klingt plausibel, nicht? Der tatsächliche Grund für die Namensgebung ist, dass die Musik die vier Jungs aus San Francisco ans Weltall erinnerte.

"Damage Inc." löst sich lyrisch von dem Konzept der Unterwerfung und richtet sich gegen Trends und Konformität. Die Puppe befreit sich sozusagen von den Fäden des Meisters. Der Charakter des Textes ist wütend und aufbrausend und geizt nicht mit Vulgärsprache. Dementsprechend wurde er umgesetzt. James Hetfield schmettert dem geneigten Hörer auf dem schnellsten Song des Albums entgegen, dass man nicht kniend leben, sondern stehend sterben soll. Dass der eigene Weg ein blutiger ist, wenn man sich nicht unterwerfen will, dass man seinem Instinkt und nicht einem Trend folgen soll. Dass man für die eigenen Überzeugungen brachial wie eine Dampfwalze vorgehen muss, wenn man diese durchsetzen will. Mitläufer und Widersacher werden wie Kaugummis gekaut und ausgespuckt, sie werden von uns ausgelacht während sie sich aufregen und rum zetern. Doch am Ende rennen sie vor Angst weg, denn sie wissen, wer wir sind. Damage Incorporated.

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Donnerstag, April 19, 2007

Porcupine Tree - Fear Of A Blank Planet

PORCUPINE TREE (v.l.n.r.):
Richard Barbieri, Steven Wilson, Colin Edwin, Gavin Harrison

Wenn man berücksichtigt, dass die ARD mit ihrer Kampagne "Kinder sind Zukunft" das Augenmerk der Öffentlichkeit mehr auf die zukünftigen Rentenzahler lenken will, könnte PORCUPINE TREE's neuestes Album zu keinem besseren Zeitpunkt erscheinen. Das Thema ist das gleiche, jedoch wird auf "Fear Of A Blank Planet" ein wesentlich düstereres Bild dieser Zukunft gezeichnet. Mastermind Steven Wilson hat ein beeindruckend bedrückendes, vielschichtiges und episches Klangbild dessen geschaffen, wie er die intellektuelle Verrohung der kindlichen Psyche mittels einer gewaltigen Informationsflut durch das Internet und anderen Medien sieht. Sinnbildlich dafür sind die Illustrationen im Booklet und vor allem das, in blaues Licht getauchtes, Kind auf dem Cover, wessen Augen einen Einblick in sein Innerstes gewähren. Die absolute Leere.

Eingeläutet von einem einprägsamen Lick auf der Akustikgitarre beginnt die musikalische Momentaufnahme des kindlichen Alltags mit dem Titeltrack "Fear Of A Blank Planet". Dieser ist, obgleich in überspitzter Form, inhaltlich repräsentativ für das Album. Musikalisch eher weniger, dazu aber später mehr. Die typischen PORCUPINE TREE-Riffs treffen hier auf psychedelisch wabernde Gitarrenklänge und druckvolle Soundwände, welche von dezent eingesetzten Synthezisereffekten ergänzt werden. Diese umhüllen den von Langeweile und Drogenexzessen gezeichneten Alltag der Kids, welche selbigen ohne die permanente Penetration vom Flimmern des Fernsehers, der Omnipräsenz von Sex, dem X-BOX-Gott und der Einnahme von den kleinen bunten Pillen wohl nicht zu überstehen glauben. Die "Mutter ist eine Schlampe" und der Vater hat jeglichen Versuch der Kommunikation mit dem eigen Fleisch und Blut aufgegeben. Beide können nicht verhindern, dass man als Einzelgänger seine über proportional zur Verfügung stehende Freizeit am liebsten mit einer geklauten Pistole totschlägt. Oder totschießt.
Wie eingangs erwähnt, trifft dieses Szenario am ehesten die Thematik des Albums. Allerdings ist dieser Song - trotz seiner knapp achteinhalb Minuten - der "kompakteste" auf dem Album. Der Rest des Albums bedarf womöglich einiger Anläufe, bis es seine "Sperrigkeit" verliert.

"My Ashes" kündigt sich mit melancholisch klirrenden Effekten und einer kurz darauf einsetzenden, traurig klimpernden Akustikgitarre an. Akzentuiert eingesetzte Streicher verleihen dem Song eine zusätzliche, aber nicht aufgesetzt wirkende Dramatik, welcher das geistige Innenleben der Kinder umschreibt. Dieses ist von den Problemen der Eltern, Erinnerungen an andere Zeiten, Isolation und dem vergessen des Kind seins geprägt. Einer der ruhigsten Songs auf dem Album, welcher trotz manchmal kitschig anmutender Gesangslinien nicht in die Kategorie Ballade gesteckt werden sollte, da es hier nicht um die schönen Dingen im Leben geht, sondern um die totale Vereinsamung inmitten der eigenen Familie.

"Anesthetize" bietet mit seinen fast 18 Minuten (!) die komplette Bandbreite der musikalischen Potenz dieser Band, ohne auch nur eine Sekunde zu langweilen. Um diesen Epos augenscheinlich mehr Struktur zu verleihen, hat man es in drei fiktive Teile unterteilt, in musikalischer, wie in textlicher Hinsicht.

Teil Eins beginnt mit einem treibenden Schlagzeug und wird begleitet von hie und da erklingenden Xylophon-Akzenten. Steven Wilson's anklagender Gesang erfährt später Unterstützung durch eine von Effekten verzerrte Gitarre und schafft somit eine eigenartige, leicht beklemmende Atmosphäre, welcher man sich nicht zu entziehen vermag. Diese gewinnt durch das herrliche Solo von RUSH-Gitarrist Alex Lifeson an zusätzlicher Intensität. Dem nicht unähnlich ist die Handlung dieses "ersten Aktes". Sie geht Hand in Hand mit dem, was "My Ashes" bereits ansprach. Das eigene Kind dient hierbei als Ventil für die eigenen Probleme, muss sie hinnehmen und auf den eigenen Haufen Sorgen schaufeln, doch möchte es seinem Unmut Luft verschaffen, heißt es nur: "Shut up, be happy, stop whining, please."

Von dem Gewicht der Sorgen erdrückt, sucht dieses Kind Erleichterung in den Weiten der Fernsehlandschaft. Mit dem folgenden Konsum von MTV und diversen Tabletten kann es dem Rausch der Lethargie noch intensiver frönen. War dies noch nicht genug Ablenkung, schlurft er/sie wie ein Zombie durch die Läden im Einkaufszentrum, vollgepumpt mit nichtigen Informationen und Drogen. Der Übergang zum fiktiven zweiten Teil dieses Opus' ist fließend. Er präsentiert sich in Form eines von rechts nach links wabernden Riffs, begleitet von entspannten Ambient-Synthesizerklängen, welche ein jähes Ende durch ein donnerndes Riff finden. Im diesem "zweiten Akt" erreicht die vorherrschende dramatische Stimmung ihren Höhepunkt und gipfelt in einem auditiven Vulkanausbruch, als ein mehr als zehn Sekunden andauerndes Inferno an rasantem Metalriffs und sauschnellem Doublebassgeknatter den Weg zum dritten und letzten Teil dieses Kernstücks auf "Fear Of A Blank Planet" ebnet.

Es ist die Ruhe nach dem Sturm. Ein Tag fernab von jeglichen medialen Einflüssen. Ein Tag am Meer. Sonnenschein. Die Lichtstrahlen brechen auf der Wasseroberfläche, während sie das Wasser erwärmen. Wellen brechen an der Küste und es weht eine warme Brise... Diese Szenerie wird durch entspanntes Schlagzeugspiel, hypnotische Xylophon-Klänge, einem warmen Basslauf und Wilson's luftig-leichtem und doch melancholischem Gesang vor dem eigenen geistigen Auge verdeutlicht. So schön diese Arrangements und Wilson's Stimme klingen mögen, so traurig ist auch das Ende von "Anesthetize".

"Sentimental" handelt von dem Gedanken, den womöglich jeder von uns als Kind, wie auch als Erwachsener gehabt hat, bzw. haben dürfte: "I never wanna be old". Der nachdenkliche Charakter und das sphärische Klangbild dieses Songs setzen diesen Gedanken auf imposante Art und Weise in Szene, üben sich aber bei der Umsetzung in Bescheidenheit und "erdrücken" somit den geneigten Hörer nicht mit seiner Fülle. Malträtiert durch die Selbsterkenntnis, droht die Seifenblase der Zerstreuung zu zerplatzen.
Zum einen drängt sich das Bedürfnis nicht älter zu werden in dem von Selbstzweifeln geplagten Kindern auf. Zum anderen zweifelen sie daran, ob die Pillen (stellvertretend für MTV, Pornografie, Musik, Drogen, Diebstahl) tatsächlich hilfreich sind und sie ihr Leben damit verschwendet haben. Ruhig und verträumt beschreibt der Refrain, wie die mürrischen, gelangweilten und berauschten Kinder versuchen, jeden Tag in diesem Zustand einfach "wegzuwischen" bzw. "wegzuwünschen" (die englische Sprache lässt nun mal viel Raum für Interpretationen).

Am Abend: Von inneren Konflikten gebeutelt, wandert das Kind gedankenversunken an den Bahnschienen entlang. Eingetaucht in das orange Licht der untergehenden Sonne, lässt es sich vom iPod berieseln. Genervt vom Mitgefühl und der Fürsorge der Eltern, verwischt es seine Spuren und träumt von einem "Way Out Of Here". PORCUPINE TREE schaffen es mit Leichtigkeit, das Szenario des Song so authentisch im Kopf des Hörers zu rekonstruieren, wie sie es zuvor im letzten Abschnitt von "Anesthetize" getan haben. Die Delay-Sounds der Gitarre und der emotionale, fast bombastische Refrain kreieren ein authentisches Bild dessen, wie sich der Protagonist fühlen muss. Ganz großes Ohrenkino.

Der letzte Song, "Sleep Together", spielt nicht nur mit dem Laut-Leise-Schema, sondern auch mit der Zweideutigkeit des Textes. Ob es hier um den erholsamen Schlaf im eigenen Bettchen, oder den Matratzensport geht, diese Entscheidung sei jedem selbst überlassen. Für übereinstimmendes Erstaunen hingegen sorgen die dramatisch-bombastischen Streicher, welche dem Refrain den nötigen Druck verleihen und dem Album einen imposanten wie bedrückenden Abschluss verleihen.

"Fear Of A Blank Planet" ist eine großartige, aber auch erschütternde Momentaufnahme der Jugend, die von der schier unermesslichen Informationsflut des 21. Jahrhunderts maßgeblich geprägt ist. Es ist ein Fluch und gleichzeitig ein Segen. Wohin das hinführen wird, ist ungewiss...

http://www.porcupinetree.com :::
Fear Of A Blank Planet-Microsite :::
Video zu "Fear Of A Blank Planet"

Mittwoch, April 11, 2007

Slipknot - Vol. 3: (The Subliminal Verses)

SLIPKNOT (v.l.n.r.):
James Root, Paul Gray, Chris Fehn, Joey Jordison, Shawn Crahan, Corey Taylor, Sid Wilson, Craig Jones, Mick Thompson

Stagnation bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch, dass eine bestimmte Variable kein Wachstum erfährt. Diese Variable ist für mich "Iowa" von SLIPKNOT. Es klang zwar fetter und extrem wütender, aber im Endeffekt war es nichts anderes, als das selbst betitelte Werk, welches genauso viel Lärm und Hass aus den Boxen feuerte. Zwar in gesteigerter Form, aber (in meinen Ohren) nicht anders. Das völlige Gegenteil dessen ist "Vol. 3: (The Subliminal Verses)". Hier zeigen, beziehungsweise lassen die neun maskierten Musiker hören, dass sie zu mehr fähig sind, als wahllosem Rumgebolze. Einen nicht kleinen Teil dazu wird Produzent Rick Rubin beigetragen haben, der bereits vielen namhaften Interpreten ein interessantes Soundgewand verpasst hat.

Das Artwork des Albums, für das sich Pausenclown Shawn Crahan verantwortlich zeigt, entspricht dem Charakter der Band: Ekelhaft, krank und etwas neben der Spur. Man könnte es in etwa wie ein kleines Fotoalbum aus der Aufnahmephase von "Vol. 3: (The Subliminal Verses)" betrachten: Hier haben wir die neun Herren auf einem Gruppenfoto vereint, dort in hübschen Einzelaufnahmen und zwischendrin noch ein paar schöne Illustrationen von dem Haus, in dem nicht nur das Album, sondern auch diese Bilder aufgenommen wurden. All dies ist in den oben genannten Charaktereigenschaften optisch umgesetzt worden. In die selbe Optik sind auch die Songtexte eingebettet, bei denen man sich nicht zwischen der vertikalen und der horizontalen Lage entscheiden konnte. So ist das Verhältnis 50:50. Genau wie die Musik. Die umschmeichelt den Hörer einerseits mit sanften und melodiösen, andererseits aber auch mit verdammt schnellen und brettharten Momenten. Ein weiterer Hinweis darauf ist die Gestaltung der CD, die auch einen "SLIPKNOT-Player" bereit hält, mit welchem man Zugriff auf exklusive Musik, Videos, Downloads und vieles mehr hat. (Es handelt sich hierbei nicht um einen Re-Release, sondern um das Original aus dem Jahre 2004.)

Bevor wir uns allerdings mit dem instrumentalem auseinandersetzen, möchte ich zuvor die Thematik um das gesprochene Wort auf diesem Tonträger näher erläutern. Diese stellt Momente im Leben dar, die kritischer und negativer Natur sind. Da die Texte sehr viel Freiraum für Interpretationen lassen, möchte ich mich nicht festlegen, dass es in diesem Song um das und in dem anderen um jenes geht. Meiner Meinung nach handelt zum Beispiel "Vermillion" von Bessenheit, "Duality" davon, dem Alltag mittels Selbstzerstörung zu entfliehen, "Pulse Of The Maggots" ist ganz offensichtlich eine Hommage an die Fans und "Before I Forget" handelt davon, das jemand nur auf sich aufmerksam mittels Selbstentzündung machen kann. Generell spielen der Tod und gesellschaftliche Aspekte auf diesem Album eine große Rolle. Vor allem die Art, wie die Texte verfasst sind, lassen sicherlich die eine oder andere unangenehme Erinnerung in einem aufkeimen. Wie einen Virus. Es zerfrisst dich von innen heraus.

Ergänzend dazu frisst sich der vertonte Wahnsinn vom Ohr angefangen bis in die Gehörgänge hinein. Wie ein (blut)roter Faden zieht sich durch das gesamte Album eine bedrohliche, verzweifelte, melancholische und wütende Atmosphäre, in der vereinzelt so etwas wie Hoffnung aufschimmert. Diese äußert sich in "Circle", "Vermillion", "Duality" oder auch dem abschließenden, vom Klavier begleiteten "Danger - Keep Away". Neben dem herrlich traurigen "Circle" weiß auch "Vermillion Pt.2" - welches nur von Akustikgitarren begleitet wird - mittels Corey Taylor's einzigartiger Stimme zu fesseln und zu überraschen. Vom Gegenteil kann er den geneigten Hörer auch überzeugen. Nämlich wenn er einem die Texte so wütend und schnell um die Ohren haut, als gäbe es keinen Morgen mehr. So zum Beispiel in "The Blister Exists", "Three Nil", "Opium Of The People", "Welcome", "Pulse Of The Maggots" und "The Virus Of Life", bei denen man die Stimmenbänder schon förmlich reißen hören kann. Diese verschmelzen zu einem Klangteppich aus gekonnt eingesetzten Double Bass-Attacken, groovenden Rock- und Metalriffs und psychotisch schreienden Gitarrenleads.

Sollte man in die Verlegenheit kommen, sich intensiver mit diesem Album auseinander zu setzen, könnte das womöglich einem Besuch beim Seelenklempner (mit musikalischer Penetration) gleich kommen. Auf "Vol. 3: (The Subliminal Verses)" geht es vor allem um die Kriege, die wir Tag für Tag mit uns selber kämpfen müssen. Das können riesige Schlachtfelder sein, oder eine kleine Auseinandersetzung. Das können Kraft spendende Feuerpausen sein, oder die unbequeme Wahrheit, dass die Munition alle ist. Ein großartiges Stück Musik, dass seine Wirkung vollends entfaltet, wenn man sich auf diesen Besuch einlässt.

http://www.slipknot1.com ::: http://www.myspace.com/slipknot1

Montag, April 09, 2007

Roadrunner United - The Allstar Sessions

ROADRUNNER UNITED (v.l.n.r.):
Robb Flynn, Matt Heafy, Joey Jordison, Dino Cazares

Zu viele Köche verderben den Brei. Bei diesem Brei, der auf den Namen "The Allstar Sessions" hört, handelt es sich um über 50 (!) Köche, die zugange sind. Dieser schmeckt nicht gerade schlecht, doch ich habe auch schon weitaus besseren gegessen. Jedoch weiß dieser vor allem durch seine Einzigartigkeit zu bestechen. Denn da man selber immer noch am Besten weiß, was man am aller liebsten mag, hat sich Roadrunner Records kurzerhand zum 25-jährigen Bestehen selbst beschenkt. Aus gegebenem Anlass könnte man nun schlussfolgern, dass es sich hierbei um eine Ansammlung einiger Hits von allen - bei besagtem Label unter Vertrag stehenden - Bands handelt, plus eine schmucke DVD mit den dazu gehörigen Videoclips. So weit, so falsch. In der Tat haben (fast) alle Roadrunner-Schützlinge bei dieser CD mitgewirkt, allerdings wurde diese Thematik mit einem sportlichen Hintergedanken angegangen:

Wir haben vier Teams, also auch vier Team Captains, die da wären: Robb Flynn von MACHINE HEAD, Jungspund Matt Heafy von TRIVIUM, Joey Jordison von SLIPKNOT und Kugelbauch Dino Cazares (ex-FEAR FACTORY, ex-BRUJERIA). Jedem Team stehen mehr als ein Dutzend Musiker zur Verfügung, um in Eigenregie Songs für "The Allstar Sessions" einzuspielen. Wie dies von statten ging, kann man auf der beiliegenden DVD begutachten. Diese ist informativ und unterhaltsam, allerdings hätte man etwas länger auf jedes Team eingehen können, wir leben schließlich im DVD-Zeitalter. Es sei auch gesagt, dass nur Musiker aus dem Hartwurst-Bereich mitgewirkt haben, denn mit NICKELBACK hätten sich weder Roadrunner selbst, noch ihren Fans einen Gefallen getan. So sind unter anderem die üblichen Verdächtigen von SLIPKNOT, SEPULTURA, KILLSWITCH ENGAGE, CRADLE OF FILTH, CHIMAIRA, KING DIAMOND, TYPE O NEGATIVE, SOULFLY, MACHINE HEAD, ANNIHILATOR, FEAR FACTORY, ILL NIÑO, und so weiter dabei.

Kann da überhaupt was Hörbares rauskommen? Es kann. Im Großen und Ganzen zumindest. Fangen wir doch mit dem an, was man in den Händen halten kann. Auf den Inhalt der DVD bin ich bereits eingegangen. So bekommt nun das Booklet die Ehre, dass es Erwähnung findet. Neben den üblichen Lobhudeleien der Musiker (In diesem Fall nur die der Team Captains) am Ende des Booklets und der Nennung der jeweiligen Musiker, die am jeweiligen Song mitgewirkt haben, gibt es einen kurzen Steckbrief von einem Großteil der Interpreten mit hübschem Bildchen dazu. Auf den ersten acht Seiten des Booklets geht es grob gesagt um die Idee, Organisation und Umsetzung des Projektes und wie toll die Team Captains das finden. Das Cover besticht durch seine Dreifarbigkeit und ein cooles Logo, dass ich mir gut auf meiner Jacke und anderen Kuttenträgern vorstellen könnte. Schaut man sich nun die Rückseite der Hülle an, wird man die Zahl 25 ausmachen können. Soso, ein Trikot in CD-Form. Und wer trägt alles ein Trikot? Richtig, eine Mannschaft. Da ist nicht nur Teamgeist darin, sondern auch darum!

Bekanntlich ist das Gute daran das Gute darin. Und hier ist einiges "darin". So zum Beispiel der Ruhepol des Albums, "Roads", in dem Mikeal Åkerfeldt's (OPETH) Stimme eine Gänsehaut die nächste jagt. Auch groovende Dampfwalzen wie "The Dagger", "The Enemy" oder "No Mas Control" halten mit ihren Qualitäten nicht hinterm Berg. Erst recht nicht melancholisch-moderne Stücke wie "The End" und "Army Of The Sun", oder der epische Rausschmeißer "Enemy Of The State", welcher durch Fantasiesprache überrascht! Für die SLIPKNOT-Fans ist ein besonderes Schmankerl dabei, könnte doch "The Rich Man" direkt von den Männern mit den Gummimasken selbst beigesteuert worden sein (kein Wunder, Corey Taylor ist am Mikro). Freunde von leichteren, poppigeren Klänge sollte man diese CD nicht ans Herz legen, allerdings ist für dieses Klientel auch etwas dabei, in Form von "Tired 'N Lonely", "No Way Out" und "I Don't Wanna Be (A Superhero)".

Von dem anfangs genannten verdorbenen Brei kann bei "The Allstar Sessions" nicht die Rede sein, doch die Geschmäcker sind verschieden. Es wäre wünschenswert gewesen, neben dem achtseitigen Roman über die Entstehungsgeschichte dieses Projektes auch die Songtexte abzudrucken, schließlich kann ich mir ersteres bereits auf der DVD ansehen. Unvermeidbarerweise ist durch die verschiedenen Künstler ein bunte Mischung aus allem entstanden, was Metal und Hard Rock zu bieten hat. Auf Kosten der Homogenität. Es ist zum Beispiel so, dass man direkt nach einem Nu Metal- einen poppigen Rock-Song und danach eine Nummer mit Gekeife und Blastbeats zu verdauen hat. Das sorgt für einen bitteren Beigeschmack, wird aber aufgrund der innovativen Idee nicht zum Nachtisch degradiert, sondern kann ruhigen Gewissens als Hauptgericht serviert werden.

http://www.roadrunnerrecords.de/artists/RoadrunnerUnited ::: http://www.myspace.com/rrunited

Montag, April 02, 2007

Megadeth - Rust In Peace

MEGADETH (v.l.n.r.):
Marty Friedman, Dave Mustaine, Nick Menza, David Ellefson

Es sprach nicht viel dafür, mir "Rust In Peace" zu kaufen. So hörten sich die MEGADETH-Songs und vor allem die Soli, die ich zuvor auf "The System Has Failed" gehört habe, richtig geil an, doch war Mustaine's Stimme der reinste Graus für mich. Dies änderte sich, als ich bei einem einschlägigen Videoportal auf den Song "A Tout Le Monde" stieß. Seit dem weiß ich das musikalische Schaffen der Band sehr zu schätzen. Einen großen Teil dazu trug das folgende Album bei, welches nicht umsonst von so manchen als deren bestes gehandelt wird.

Obgleich ich mir wenige Alben von MEGADETH zu Gemüte geführt habe, sticht "Rust In Peace" weit aus dem hervor, was ich bis jetzt gehört habe. Dennoch knapp hinter "Youthanasia", warum, erfährt man weiter unten. Doch braucht sich "Rust In Peace" nicht vor diesem Album zu verstecken, denn hier bekommt man was für seine 9,99€ geboten!

Angefangen beim aufgepäppelten Cover, den einführenden Worten Mustaine's im Booklet, bis hin zu dem zusätzlichen Song "My Creation" und den Demos von "Rust In Peace... Polaris", "Holy Wars...The Punishment Due" und "Take No Prisoners". Der zusätzliche Song ist zwar kurz und relativ belanglos, aber klingt verdammt fett. Dave hat die Beschreibung der Demos treffend formuliert (irgendwie... logisch), darum werde ich nicht näher darauf eingehen, außer zu bemerken, dass sie eine nette Dreingabe sind, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Textlich werden hier einige Themen abgearbeitet. Da wären zum Beispiel Krieg, beziehungsweise das Militär ("Holy Wars...The Punishment Due", "Hangar 18", "Take No Prisoners"), Drogenmissbrauch ("Poison Was The Cure", "Tornado Of Souls") und Songs, die für sich selbst stehen. "Songs, die für sich selbst stehen?!" Ja, ich habe keine Ahnung, worum es in "Lucretia" und "Dawn Patrol" geht. Um meinen Mangel an Interpretationsvermögen zu überspielen, bleibt mir lediglich die Kommentare, dass "My Creation" von Frankensteins Braut handelt und Lucretia die Tochter des Spurius Lucretius Tricipitinus und Gattin des Collatinus aus der königlichen Familie der Tarquinier ist. Nicht übel, oder?

Weg von der Klugscheißerei, hin zur Musik. Die verbirgt ihren Facettenreichtum nicht vor dem aufmerksamen Hörer, der mit Ohrwurm-Riffs ("Holy Wars...The Punishment Due", "Hangar 18", "Five Magics", "Tornado Of Souls", "My Creation") und zahlreichen wie schnellen Soli ("Hangar 18", "Five Magics", "Tornado Of Souls") belohnt wird. Lediglich "Dawn Patrol" stinkt mit eintöniger Langeweile völlig ab und hat, wenn man das Album von Anfang an gehört hat, den Effekt einer Vollbremsung. Schade, das gibt Abzüge in der B-Note. Ungeachtet dessen ein sehr gutes Album, welches durch teils wahnwitziges Tempo, Spielfreude und ausgezeichnete Qualität zu beeindrucken weiß.

http://www.megadeth.com ::: http://www.myspace.com/megadeth

Sonntag, April 01, 2007

Fear Factory - Transgression

FEAR FACTORY (v.l.n.r.):
Burton C. Bell, Raymond Herrera, Byron Stroud, Christian Olde Wolbers

Ein Hauptgrund, warum ich dem Genre Metal so verfallen bin, sind diese vier Herren. Anno 2003, oder lass es noch früher sein, hörte ich zum ersten Mal richtig böse Musik mit richtig schönem Gesang und fand das richtig gruselig. Ja, genau. "Linchpin" hatte mir damals ein wenig Angst eingejagt. Und lange konnte ich es mir auch nicht anhören, da meine Ohren solch metallische Klänge noch nicht gewohnt waren. Fast ein halbes Jahrzehnt später schreibe ich nun diese Zeilen und werde mich über deren aktuellstes Werk "Transgression" auslassen.

Um der Tradition der "echten" Studio-Alben treu zu bleiben, handelt es sich auch hier wieder um ein Konzept-Album. Das Thema: Der Augenblick und die Folgen eines Atomangriffs. Dieser wird visuell nicht unansehnlich, aber auch nicht besonders spektakulär dargestellt. Auf dem Album Cover prangen wie gewohnt die beiden "F" von FEAR FACTORY, auf welche die Beschreibung "futuristisch zerfetzt" zutreffen dürfte. Außerdem liegt dem Album eine DVD mit eher fragwürdigem Inhalt bei, auf welcher sich das komplette Album in "erweiterter" Qualität, sowie ein unspektakuläres "Making Of Transgression" befindet. Desweiteren Musikvideos von "Transgression", "Spinal Compression" und "Moment Of Impact". Musikvideos schreibt der?! Nun, keine typischen Musikvideos. Man sieht die Band zwar spielen, hört aber die Songs von der Platte und wird dazu mit Stroboskop-Dauerfeuer penetriert.

Die Zeit, die man mit der Herstellung dieser DVD vergeudet hat, hätte man lieber in die Musik investieren sollen. Trauriger weise ist auch eines der Markenzeichen von FEAR FACTORY mit diesem Album verschwunden, nämlich dieser wie eine Schreibmaschine, kalt und steril klingende Schlagzeug-Sound. Was bei anderen Bands unpassend und schlecht klingen mag, hat zu FEAR FACTORY dazu gehört wie der Blechtonnen-Klang auf "St. Anger". Ohne klingt es einfach... anders. Doch ich möchte nicht alles schlecht reden. Einige Lichtblicke bietet dieses Album dann doch. So zum Beispiel die Refrains, bei denen Burtons wunderbare, elektronisch verzerrte Stimme zum Vorschein kommt ("540,000° Fahrenheit", "Contagion", "Supernova"). Oder auch "Echos Of My Scream", die Über-Ballade schlechthin, bei der seine Stimme scheinbar unbearbeitet aus den Boxen klingt, welche melancholisch von Streichern untermalt wird. Doch FEAR FACTORY wären nicht sie selbst, wenn es nicht auch voll auf die Zwölf geben würde, so zum Beispiel in "Transgression", "Spinal Compression", "Empty Vision" oder auch "Moment Of Impact" (!). Doch Songs wie "Supernova", das U2-Cover "I Will Follow" und das KILLING JOKE-Cover "Millenium" wollen so gar nicht herein passen. Sie klingen einfach zu weich gespült.

Generell ist der Sound sowie die Atmosphäre auf dem Album eher zurückhaltend, auch wenn hie und da einige großartige Momente auszumachen sind. Doch damit sollten sich die vier Herren nicht zufrieden geben, denn sollten sie diesen "neuen" Weg weiter gehen, können sie vielleicht nicht mehr auf ihre große Fangemeinde zählen. Die kann zwar immer noch die alten Alben hören und diese Songs auch live genießen, doch was nützt einem das, wenn Herr C. Bell (auf der Bühne) stimmlich nur noch am Rande seiner Möglichkeiten arbeitet? Mal sehen, was die Zukunft* bringt...

*Die Zeit, von der man spricht, wenn man in der
Gegenwart mit einem Problem nicht fertig wird.
Walter Hesselbach

http://www.fearfactory.com ::: http://www.myspace.com/fearfactoryofficial

Mastodon - Blood Mountain

MASTODON (v.l.n.r.):
Troy Sanders, Brann Dailor, Bill Kelliher, Brent Hinds

"Die Mastodonten stellen eine ausgestorbene Gruppe der Rüsseltiere dar, die drei Familien umfasst, die Gomphotherien (Gomphotheriidae), die Echten Mastodonten (Mammutidae) und die Stegodonten (Stegodontidae). Sie lebten im Tertiär und im Quartär und waren über alle Kontinente mit Ausnahme Australiens verbreitet."

Auch wenn man die gleichnamige Band keiner dieser drei Gruppen zuordnen kann, würde ich sie am ehesten den "Echten Mastodonten" zuordnen. Denn das folgende Album ist echt abwechslungsreich, echt gut und echt abgefahren. Die Rede ist von "Blood Mountain". (Mittlerweile haben sie sich auch schon in Australien "verbreitet".)

Es handelt sich hier nicht um ein Album mit Musik darauf im traditionellen Sinne. Es ist eher eine vertonte Geschichte, die von Elementen des modernen Metal fundamentiert, einer gehörigen Schlagseite Rock ummantelt und einer Prise Chaos garniert ist. Diese Geschichte erzählt von der Reise zum "blutigen Berg", auf welcher einem allerlei Kuriositäten und Hindernisse begegnen. Angefangen bei Wächtern mit Blümchen-Geweih, über Labyrinthe, die von riesigen Zyklopen im Auge behalten werden (der war gut, nicht?), über Höhlen mit blutsaugenden Fliegen bis hin zu erbarmungslosem Schneegestöber.

Das Album Cover und auch das restliche Artwork des Booklets gehen Hand in Hand mit der Musik. Andererseits würde dieses Album auch nur halb so viel Spaß machen, da viele der abgebildeten Zeichnungen einen besseren Einblick in das Geschehen dieser Reise geben. Zumindest versuchen sie es. Denn auch wenn viele Texte die Handlung umschreiben, so scheitern doch einige bei selbigem Vorhaben. Selbst mit fortgeschritten Englischkenntnissen dürfte es so manchem schwer fallen, diverse geistige Ergüsse nachzuvollziehen. Ein kleiner Wermutstropfen, welcher jedoch nicht sehr schwer ins Gewicht fällt. Dennoch bleibt mir trotz der Bilder und Texte "Bladecatcher" ein Rätsel.

Womit wir beim Kern des Albums angelangt wären. Der Musik. Diese donnert einem nach wenigen Sekunden äußerst flott und mit den unverkennbaren Stimmen Troy Sanders' und Brent Hinds' entgegen ("Wolf Is Loose"). Sehr passend, wir befinden uns schließlich auf der Flucht und da sollte man doch auf die Tube drücken. Auf unserem weiterem Weg werden wir von schweren Riffs ("Crystal Skull"), von schnellen Riffs ("Circle Of Cysquatch") und auch von sonderbaren Riffs ("Bladecatcher") begleitet. Zudem ist die äußerst variantenreiche Schlagzeugarbeit von Brann Dailor in jedem Song präsent und besonders hervorzuheben. Und nicht nur die Felle werden auf wundersame Weise malträtiert. Die Lead-Fraktion darf sich ruhig selbst auf die Schulter klopfen, denn was in "Cappilarian Crest", "Circle Of Cysquatch", "This Mortal Soil" und auch "Pendelous Skin" praktiziert wird, ist nicht von schlechten Eltern. Nicht zu vergessen sind die verträumten ("This Mortal Soil") und emotionalen ("Colony Of Birchmen") Chöre, die einige Songs zu besonderen Perlen machen.

Einer der für mich schönsten Momente auf "Blood Mountain" ist für mich der, wenn man der Eishölle ("Siberian Divide") entronnen ist, völlig erschöpft auf dem blutigen Hügel niedersackt und die wunderbare Musik von "Pendelous Skin" mit dem herrlichen Solo in den Ohren erklingt. Dann weißt Du, dass Du es geschafft hast, denn der verdammte Berg und seine Lakaien haben in dir ihren Meister gefunden. Das auf einer Reise allerdings auch viel schief gehen kann, dürfte jeder wissen. So auch auf dieser. "Hunters Of The Sky", "Hand Of Stone", "This Mortal Soil" und "Siberian Divide" sind mitunter schwere Brocken, die es zu verdauen gilt. Was u.a. auf den auf die Dauer monoton daher dröhnenden Sprech-/Brüllgesang zurückzuführen ist. "Bladecatcher" sticht bei den "schwächeren" Songs besonders vor, ist er schließlich ungefähr so notwendig, wie Sand in der Wüste. Doch so schwer diese Reise auch gewesen sein mag, ist nicht der Weg immer das Ziel?

http://www.mastodonrocks.com ::: http://www.myspace.com/mastodon

Opeth - Ghost Reveries

OPETH (v.l.n.r.):
Peter Lindgren, Per Wiberg, Martin Mendez, Mikael Åkerfeldt, Martin Lopez

ROADRUNNER RECORDS ist äußerst produktiv, was das Abschöpfen der Konsumentenrente anbelangt. Deren Produktpolitik hat die sogenannten "Special-" oder auch "Limited Editions" hervorgebracht. Diese erscheinen circa ein Jahr nach der offiziellen Veröffentlichung eines Albums und enthalten meist Boni wie "Behind The Scenes", "Making Of", "Liner Notes", erweitertes oder auch ein völlig anderes Artwork und/oder auch Bonustracks. Ein "Hurra!" auf die Anglizismen, ein "Buuuh!" auf ROADRUNNERs Produktpolitik. Perfider kann man den Die-Hard-Fan nicht um sein Geld erleichtern. Ironischer Weise ist dieser Plan bei mir aufgegangen, da ich mich zu selbigen zähle. Allerdings bereue ich den Verkauf meiner "normalen" "Ghost Reveries"-CD nicht, da es hier "value for money" gibt.

Die Liste an Extras ist lang und lobenswert, denn der Fan kriegt das, was er verlangt: Mehr Opeth für mehr Geld. Angefangen beim DEEP PURPLE-Cover "Soldier Of Fortune", einem neuen Album Cover, welches wie ein in der Hosentasche herumgeschleppter Leder Einband aussieht, über zusätzliche hervorragende Illustrationen von Travis Smith bis hin zu dem 24-Seiten starken Booklet. In welchem neben den Songtexten, Bildern und Danksagungen nun auch persönliche Anekdoten von Mikael Åkerfeldt vorzufinden sind. Ein großes Schmankerl bildet auch die DVD, welche neben einem 5.1 Mix von "Ghost Reveries" und der geschnittenen (auf einer DVD?) Version von "The Grand Conjuration" außerdem einen circa 40 minütigen Einblick in den Studio- und Tour Alltag von Opeth gibt. Interessant ist, dass Lopez' angeschlagene Gesundheit während der Arbeit am Album und zu dessen Tour Erwähnung findet, welcher 2006 offiziell durch Martin Axenrot ersetzt wurde.

Die zweit schönste Sache an Opeth sind nach der Musik die Texte. Auch wenn Herr Åkerfeldt behauptet hat, dass dies kein Konzept Album sei, lässt sich dennoch ein Konzept ausmachen. Ich möchte und kann auch gar nicht zuviel verraten von dieser Geschichte, aber es geht grob gesagt um folgendes: Den inneren Konflikt eines Menschen, welcher seine Mutter umgebracht hat, während er/sie besessen war. Jeder einzelne Song wird mit einem Bild passend zur Thematik porträtiert und entfaltet sein Potenzial am meisten, wenn man die jeweiligen Texte dazu mitverfolgt. Und am auch wirklich jedes Detail der abwechslungsreichen Songs zu erfahren, empfehle ich "Ghost Reveries" über Kopfhörer zu genießen.

Die durchschnittlich acht Minuten langen Songs brillieren durch die besondere Atmosphäre, die in jedem Song "mitschwebt". Da sind zum einen die wütenden Riff- und Double Bass-Attacken, die durch Mikaels' unverkennliche Growls an zusätzlicher Härte gewinnen ("Ghost Of Perdition", "The Baying Of The Hounds", "The Grand Conjuration"). Zum anderen völlig entspannte, "Jam Session"-artige Momente ("Beneath The Mire", "Atonement"), bei denen Mikaels' klares Singorgan einem einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt ("Hours Of Wealth", "Isolation Years", "Soldier Of Fortune"). Doch lassen sich all diese Punkte nicht von einander abgrenzen, da sie in den Songs zu einer Einheit verschmelzen. Stimmt, ziemlich schwammig beschrieben. Darum sollte man es vorzuziehen, sich selbst ein Bild zu machen (legale Möglichkeiten zum Reinhören weiter unten).

Zu bemängeln habe ich an "Ghost Reveries" lediglich eines: "The Grand Conjuration" wirkt manchmal etwas eintönig und unnötig in die Länge gezogen auf mich. Allerdings tritt dieser Höreindruck nur in unregelmäßigen Abständen in Erscheinung, weswegen man diesem Kritikpunkt nicht weiter Beachtung schenken sollte. Mein Fazit: Ein anfangs schwer zugängliches Album, welches aber durch wunderbar heftige und ruhige Momente mich zu einem echten Fan der Band gemacht hat und damit eine der bedeutendsten Platten aus dem Jahre 2005 für mich ist.

http://www.opeth.com ::: http://www.myspace.com/opeth

Machine Head - The Blackening

MACHINE HEAD (v.l.n.r.):
Adam Duce, Robb Flynn, Dave McClain,Phil Demmel

Ich darf mich zwar nicht mit dem Titel des "First-Day-Buyers" (Am 24. März gekauft, Mist!) schmücken, doch scheint mir "Besitzer von einem Stück Musik-Geschichte" auch ganz gut zu stehen. Ziemlich große Töne, die ich hier spucke, doch es ist nun mal Fakt, dass bezüglich dieses Albums die Kirche weit außerhalb des Dorfes steht. Womöglich am Ende der Welt. Machine Head haben erst seit dem Hype um dieses Album mein Interesse geweckt, darum habe ich auch keine Vergleichsmöglichkeiten zu ihrem bisherigen musikalischen Schaffen. Doch muss man diese denn überhaupt haben? Ich denke nicht, denn gute Musik ist gute Musik. Darum werde ich meine Meinung zu diesem ausgezeichneten Album, welches auf den Namen "The Blackening" hört, nun kund tun. (Ich besitze übrigens die Standard-Variante des Albums, ein Bonustrack und ein Making Of des Albums sind meiner Meinung nach nicht nötig. Das Cover von "Battery" ist killer, keine Frage. Doch hat es für mich nichts zwischen dem neuen Material zu suchen, und ein Making Of sehe ich mir eh nur einmal an.)

Lange ist es her, dass ich ein Album erst nach dem offiziellen Erscheinen gehört habe. Die Marketing-Maschine von Roadrunner hat einiges dazu beigetragen und die beiden vorher veröffentlichten Songs "Aesthetics Of Hate" und "Now I Lay Thee Down" ihr übriges. So kam ich seit langem wieder in den Genuss des schwer beschreiblichen Gefühls, ein Album "zum ersten Mal" zu sehen, zu halten und zu hören, welches einem großen Teil der heutigen Jugend vergönnt sein dürfte (Diverse File-Sharing-Programme lassen grüßen.)

Obwohl ich vom musikalischen Schaffen vor "The Blackening" unbeeinflusst bin, weiß ich dennoch, dass dieses Album Cover aus der Reihe fällt. Was unter anderem nicht nur an der monochromen Farbgestaltung des Covers, sondern auch an den sonderbaren Zeichnungen liegen dürfte. Totenschädel hier, Made da, Kreatur dort. Sehr hübsch, und passt sogar zur Atmosphäre des Albums. Welche sich mit folgenden Attributen gut umschreiben lässt: Wütend, episch, melancholisch und ziemlich angepisst.

Textlich gesehen wird hier nicht mit Ohrfeigen und sogar fiesen Tritten in die Magengrube gespart. Die Opfer: Idiotische Journalisten ("Aesthetics Of Hate"), die Regierung ("Clenching The Fists Of Dissent"), das Christentum ("Halo") und auch Diskriminierung ("Slanderous"). Diese Seitenhiebe sind direkt und persönlich, aber trotzdem nicht plump und einfallslos ausgefallen. 

Musikalisch wird die komplette Bandbreite modernen Metals geboten. Sei es die ruhige, akustische Einleitung des Albums ("Clenching The Fists Of Dissent") und dem wunderschönen, ruhigen Beginn von "A Farewell To Arms", tonnenschwere Riffs ("Beautiful Mourning"), unglaubliche Soli ("Halo"!!), herzzerreißend melancholische Chöre ("Halo", "A Farewell To Arms") und super schnelle Gitarrenleads ("Wolves").

Doch ist nicht alles Gold, was glänzt. Das wissen wir spätestens seit Metallica's "Load". Aber in diesem Fall ist es weit weniger kritisch. Mir fällt wenig negatives auf, was der Beschreibung dessen wert ist. So zum Beispiel der Gesang von Herrn Flynn, welcher perfekt zu jedem Song und deren Momenten passt, aber dennoch etwas facettenreicher hätte ausfallen können. Wäre es nach mir gegangen, hätte auch "Clenching The Fists Of Dissent" ein "schnelleres" Ende gefunden. Eine Minute Riffs die gaaaanz langsam ausgeblendet werden muss nicht sein und ziehen den Song nur unnötig in die Länge. Außerdem finde ich "Wolves" ganz schön sperrig, aber vielleicht legt sich das nach mehrmaligem Hören noch.

All dies macht "The Blackening" zu meinem persönlichen Garanten auf den Titel "Album des Jahres 2007", wenn nicht sogar die Jahre darüber hinaus. Hier wird auf erfrischende Art und Weise das praktiziert, was in der Zeit zwischen "Master Of Puppets" und diesem Album passierte. Was für den Gläubigen sein Gott ist, sollte für den Metalhead "The Blackening" sein.

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THE BLACKENING E-CARD